Rezension

Eine schrecklich turbulente Familie

Der Stich der Biene -

Der Stich der Biene
von Paul Murray

Familie Barnes hat definitiv schon bessere Zeiten gehabt. Seit der Finanzkrise und der damit eingehenden Krise des Autohauses von Vater Dickie scheint alles bergab zu gehen. Tochter Cass versucht ihren Platz in der Welt kurz vor der Uni zu finden, ihr Bruder PJ tapst verwirrt durch die Anfänge seiner Teenagerzeit und Mutter Imelda versucht verzweifelt herauszufinden, was mit ihrem Mann los ist und wie sie diese Familie retten kann. Aus den verschiedenen Perspektiven der Familienmitglieder sowie zahlreichen Rückblenden versuchen wir also nun herauszufinden, an welchem Punkt genau sich das Glück der Barnes' gewendet hat und ob sie es je wieder aus dem Loch herausschaffen.

Als "Der Stich der Biene" bei mir einkam, war ich etwas erschlagen von der Größe des Buches. Auf 700 Seiten Familiendrama muss man wirklich Lust haben. Glückerweise schaffte Paul Murray es größtenteils gut, mich an der Stange zu halten. Man kann einfach nicht leugnen, dass er einen genialen Schreibstil hat, der sich auch an die jeweiligen Charaktere anpasst. Auch die richtige Portion Witz war vorhanden, sodass diese Lektüre definitiv nicht der Krampf war, für den ich eingangs gehalten habe. Besonders schön fand ich außerdem, wie Murray das irische Land und die Gefühle der dort lebenden Menschen rüberbringen konnte.

Wer (wie ich) etwas Probleme mit Fremdscham hat, wird bei einigen Szenen sicherlich ins Schwitzen geraten. Ich nahm dies zunächst auch als Nachteil wahr, andererseits war das sicher genau Murrays Intention und meine Abneigung gegen peinliche Szenen teilen sicher auch nicht alle.

Einen Stern Abzug gibt es, weil ich am Ende doch fand, dass das Buch etwas zu lang wurde. Einige Episoden (vor allem Rückblicke aus Imeldas Perspektive) waren für meinen Geschmack dann doch zu ausführlich gehalten, ein bisschen mehr Kürze hätte hier besser funktioniert. So konnte ich auch beobachten, dass ich manche Figuren deutlich interessanter fand als andere, deren Perspektive mich dann beim Lesen auch nicht so unterhielt.

Paul Murray hat hier definitiv ein Meisterwerk abgeliefert, das Fans von Familiengeschichten sicher begeistern wird. Ich freue mich darauf, noch mehr Bücher von ihm zu entdecken!