Rezension

eine Geschichte mit mysteriösen Märchenelementen - lesenswert

Hazel Wood - Melissa Albert

Hazel Wood
von Melissa Albert

Bewertet mit 4.5 Sternen

*Rezensionsexemplar*

»Kannst du mir wenigsten sagen, wohin wir gehen?«

»Das habe ich dir bereits gesagt: ˒Es war einmal vor langer, langer Zeit˓.« S. 296

Außergewöhnliche Bücher haben eine außergewöhnliche Rezension verdient und so sitze ich hier schon eine ganze Weile und überlege, wie ich das, was ich über das Buch denke, auf Papier bringen kann. Ich fange am besten einfach mal an …

Hazelwood ist im August diesen Jahres beim Dressler Verlag erschienen und mir mit seinem schönen Einband gleich ins Auge gesprungen. Die Blätter haben einen leichten Glitzerrand, der in der Sonne schön schimmert und Lust darauf macht endlich mit dem Lesen anzufangen. Die Fantasygeschichte ist für Leser*innen ab 14 Jahren empfohlen und das halte ich auch für angebracht, denn einige gruselige und schreckliche Dinge in diesem Buch, die nichts für schwache Kindernerven sind.

Seit Alice denken kann werden sie und ihre Mutter vom Unheil verfolgt. Egal wie oft sie weiter ziehen und egal wie oft sie eine neue Bleibe finden, das Unglück findet sie doch immer wieder. Als ihre Großmutter, die Geschichtenerzählerin Althea Proserpine, stirbt und daraufhin ihre Mutter spurlos verschwindet, bleiben nur die Worte „Halt dich fern von Hazel Wood“ zurück. Natürlich kann Alice das nicht, denn sie weiß, dass sie ihre Mutter und das Geheimnis um ihre Vergangenheit nur dort finden kann. Und so macht sie sich auf nach Hazel Wood.

Der Schreibstil von Melissa Albert ist für manche bestimmt etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich fand ihn ganz bezaubernd, weil er so anders ist als der anderer Autoren. Sie beschreibt die Kulissen und Charaktere sehr detailliert und malerisch, manchmal schon zu genau. Es werden viele Metaphern verwendet und dadurch viele Dinge auf so ungewöhnliche Weise dargestellt werden, dass vollkommen neue Bilder in meinem Kopf entstanden sind.

„Die Luft roch silbrig mit einem Hauch von Mulch und der kalte Wind trieb mir Tränen in die Augen.“ S. 105

Die gewaltige Bildsprache hat einem das Lesen nicht immer unbedingt einfach gemacht, da man wirklich aufmerksam lesen musste um auch ja nichts zu verpassen. Aber sie lässt einen die Welt, die hier erschaffen wurde oft mit anderen Augen sehen. Und diese Welt ist voller Märchen. Aber nicht diese Happy End-Märchen, die man seinen Kindern gerne vorliest, sondern eher die Art von Märchen, wie sie die Gebrüder Grimm geschrieben haben. Dort  wohnen grausame und gruselige Charaktere, deren Geschichten erbarmungslos und herzlos sind. Gepaart mit dem Schreibstil sorgt das bei manchen Passagen für einen unheimlichen Gänsehautfaktor, den man nicht unterschätzen sollte.

Ich bin sehr gut in die Geschichte rein gekommen. Sie beginnt gemächlich und man kann sich ein wenig an den Schreibstil gewöhnen. Nach und nach passieren immer mehr mysteriöse Dinge und die Handlung nimmt schnell an Fahrt auf. So baut sich die Spannung immer weiter logisch und kontinuierlich auf und man mag das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Je weiter die Geschichte voran schreitet, desto mehr Märchenelemente werden mit eingebaut. Zu Anfang hatte ich Schwierigkeiten damit allen einen Sinn zuzuordnen, doch nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammen.

Besonders zum Schluss überschlagen sich die Ereignisse und machen die Handlung unübersichtlich. Gerade weil im letzten Drittel viel passiert und viele neue Charaktere auftauchen habe ich das Ganze als hektisch empfunden und bin an manchen Stellen nicht mehr ganz mitgekommen. Das Ende war ganz anders als gedacht, genau wie das gesamte Buch, aber dennoch hat es mir gefallen und es passt irgendwie zum Rest von Hazel Wood.

„Sachen passieren. (Und sie passieren nicht aus irgendeinem bestimmten Grund oder so, dass es gerecht wirkt.) Die Geschichten spielen an einem Ort, der keine Regeln kennt und keine will.“ S. 113

Man ist die ganze Zeit nah am Geschehen, denn die Geschichte wird in der Ich-Perspektive durch Alice Augen erzählt. Sie ist wahrlich keine stereotypische Protagonistin. Alice ist unausgeglichen, launisch und manchmal unerträglich, also genauso wie die meisten Teenager wohl sind. Aber in ihr wütet eine Unruhe, die sie rastlos macht und die sich nicht erklären lässt. Und dennoch fand ich sie recht liebendwert, gerade weil sie nicht das nette Mädchen von nebenan ist und man ihre Ängste und Gedanken gut nachvollziehen kann.

Die anderen Charaktere rücken leider nicht so in den Fokus wie es Alice tut, aber ich glaube das würde auch den Rahmen des Buches sprengen, da es einfach viel zu viele sind. Einzig Alice Mutter, die Großmutter und Ellery Finch, einen Freund von Alice, lernt man ein wenig näher kennen und zwar so viel, wie für den flüssigen Verlauf der Handlung notwendig ist.

Auch wenn es ein Buch ist in dem Märchen vorkommen, ist keine eindeutige Moral zurück geblieben, wie man es sonst aus Märchen kennt. Ich hatte das Gefühl, dass einem vermittelt wird, dass man seines eigenen Glückes Schmied ist, wenn man selbst nur hart genug dafür kämpft und sich in keine vorgegebene Geschichte drängen lässt.

Fazit:

Eine düstere Fantasygeschichte mit unheimlichen Märchenelementen, die nicht einfach etwas für zwischendurch ist. Der sehr bildgewaltige Schreibstil benötigt die volle Aufmerksamkeit des Lesers um richtig wirken zu können. Mich hat Hazelwood gefesselt und der schöne Schreibstil verzaubert. Ich gebe diesem Buch gerne 4 ½ Schmetterlinge.