Rezension

Ein längst überfälliger Blickwinkel

Ich, Ariadne -

Ich, Ariadne
von Jennifer Saint

Bewertet mit 4 Sternen

Die Welt der Antiken griechischen Mythen ist die der Männer... Männer die heldenhafte Schlachten vollbringen, Goldene Fließe stehlen, Götter überlisten und auch ihren Reisen noch so manch anderes Abenteuer bestehen... Was ist aber mit all den Frauen die sich auch in diesen Geschichten wiederfinden lassen? Sie sind es, die oftmals für die Taten dieser Männer büßen müssen. Heras Zorn trifft nicht ihren Ehemann Zeus, sondern ein ums andere Mal jene Frauen, die seine Kinder geboren haben. Nicht Minos wurde für seine Frevel bestraft, seine Frau gebar den Minotaurus und wurde dabei gleich mit bestraft, obwohl sie selbst keine Schuld an seinem Verhalten trug. Ariadne wird von Theseus im Stich gelassen, obwohl sie es war die ihm die Möglichkeit gab, das Labyrinth zu überleben und nach Athen zurück zu kehren.

Wie haben sich all diese Frauen gefühlt? Diese Punkte sind kaum Teil der großen Heldensagen.

Und gerade deshalb gefällt es mir, das z.B. Autorinnen wie Jennifer Saint (und ja auch andere etwa Madeline Miller) einen neuen Blickwinkel einnehmen. "Ich, Ariadne" erzählt die Geschichte um Theseus und den Minotaurus, um alles was die Jahre danach passierte aus ihrem Blickwinkel. Theseus ist hier kein großer Held, sondern ein Mann der vor allem davon lebt, welche Lügen er seinen sogenannte Heldentaten beigemisch hat um sich selbst im aller besten Licht zu präsentieren.

Was mich dabei etwas störte war allerdings trotzdem, das Saint zwar einen anderen Blick auf die Geschichte hat, aber am Ende irgendwie auch einseitig bleibt. Sie dreht die Geschichte so um, das alle Männer als Böse und negativ dastehen. Das ist eine Sichtweise, die ich persönlich ebenfalls nicht gut finde. Es sollte nicht in dieses entweder oder, nicht dieses schwarz-weiß denken umkippen. Ich finde es hätte auch andere Wege gegeben die Geschichte neu zu erzählen. Gleichzeitig gibt ja auch die Mythologie selbst diese Einseitigkeit wieder. Schwierig also, dem wirklich zu entkommen.

Auch Ariadnes jüngere Schwester Phädra kommt zu Wort. In ihrer Geschichte spiegelt sich auch Ariadnes. Beide sind Spielbälle unterschiedlicher Männer. In Ariadnes Fall sogar Ehefrau eines Gottes. Phädras Leben sorgt für eine innere Leere, während Ariadne lange die Augen vor dem verschließt, was sich vor ihren Augen auf der Insel des Dionysos abspielt.

Ja, Jennifer Saint entlarvt Theseus und auch die Götter, die ihre Macht allzu gerne dazu benutzen um sich die Langeweile zu vertreiben. Ariadne und auch andere Frauen (selbst Hera, die Rachsüchtige Ehefrau des Zeus) erhalten eine Stimme und lassen die Heldensage weniger Heldenhaft wirken. Aber irgendwie klingt es an mancher Stelle eben auch Männerverachtend. Und das ist ein Fader Beigeschmack, der sich nicht ignorieren lässt. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr stört es mich tatsächlich. Wie es wohl wäre, wenn jemand eine Sage so nach erzählt, das beide Seiten gleichberechtigt zu Wort kommen?

Ich habe mich auch gefragt, wie es wohl für mich als kleines Mädchen gewesen wäre, wenn ein paar der Helden, Frauen gewesen wären? Wir brauchen auf jeden fall diese Frauengeschichten und auch die Kritik an den Männerbildern die gerade in Heldensagen und auch Märchen und Legenden vermittelt werden. Und ich freue mich auf definitiv auf den nächsten Roman der Autorin, denn Elektra interessiert mich sehr. Ich würde mir aber auch wünschen, wenn aus der Wut der erlebten Ungerechtigkeiten kein weiterer schiefer Blickwinkel entsteht. - und ja, es ist ungerecht, das Frauenfiguren immer wieder diese passive Rolle zugewiesen bekamen. Und es ist ungerecht, das Ariadne immer nur in Verbindung mit Theseus gesehen wird. Aber meiner Meinung nach löst sich das Problem eben nicht, in dem man schlicht alles einfach nur umdreht.

Das ist mir persönlich zu einseitig und hat für mich nichts mit meinem Verständnis von Feminismus zu tun.

 

Manches mal war mir die Erzählweise fast zu nüchtern, ich kam Ariadne damit nicht unbedingt nahe. Ich hatte mich dann nach und nach daran gewöhnt. Komischerweise war ich trotzdem immer mitten in der Geschichte. Ich denke schon das es auch daran lag, das ich in Ariadnes Geschichte auch die Geschichte vieler anderer Frauen wiedererkannte. Und wir sollten auf jeden Fall die Möglichkeit haben unsere Geschichten selbst zu erzählen, statt immer nur eine männliche Perspektive vorgesetzt zu bekommen.

Fazit:
Mir hat der Roman sowohl gefallen als auch manchmal eben nicht^^ wieso weshalb warum habe ich ja nun zu genüge ausgeführt. Ich habe trotzdem überlegt, wie ich den Roman nun eigentlich genau bewerten möchte. Ich gebe zu, das es mir im ersten Moment nicht ganz leicht fiel, was auch mit meinen Kritikpunkten zusammen hängt. Aber ich finde, die vergebenen Sterne l spiegelt das dann doch ganz gut wieder. Ich denke es ist klar geworden, weshalb es nicht 5 Sterne werden konnten.