Rezension

Ein fesselnder Historienroman

Mary & Claire -

Mary & Claire
von Markus Orths

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem Roman wird die Geschichte von Mary Shelley, der Autorin von Frankenstein, und ihrer Stiefschwester Claire Clairmont erzählt. Die Schwestern wachsen als Kinder zusammen in England auf, werden unzertrennlich und verlieben sich als Jugendliche in denselben Mann, den späteren reichen Erben Percy Shelley, ein angehender Literat und Verfechter der freien Liebe.

Das jugendliche Trio Mary, Percy und Claire besteht darauf, ihre Liebe zu dritt auszuleben und verlässt England. Es ist eine Flucht vor den dort herrschenden, die ménage à trois missbilligenden Zwängen nach Frankreich. Da das Erbe Shelleys noch nicht angetreten werden kann, kehrt man aus finanzieller Not zurück nach England.

Hier trifft Claire auf Lord Byron. Das Trio, mittlerweile durch die Erbschaft Shelleys unabhängig , verlässt England erneut, um in der Schweiz wieder auf Lord Byron zu stoßen. Nun zum Vierergespann geworden, beginnt für Mary, Clair, Percy und Byron ein wildes, freigeistiges Leben gegen alle gesellschaftlichen Konventionen. Beseelt sind alle von ihrer Liebe zur Literatur und eine elektrisierende, stürmische Gewitternacht wird zur Geburtsstunde des Romans Frankenstein.

Mir hat der vorliegende Roman sehr gut gefallen. Ich liebe diesen poetischen, theatralischen und u. a. die gruselige Atmosphäre von Friedhöfen und stürmischen Nächten so treffend wiedergebenden Sprachstil. Jeder einzelne Charakter wird in seiner Einzigartigkeit wunderbar herausgearbeitet. Lord Byron mit seinem "unerschöpflichen und sich wild drehenden Charakterarsenal ", Claire "schrill und aufdringlich" in ihrer unerwiderten Liebe zu Byron, Mary bedingungslos in ihrer Liebe zu Percy. Und schliesslich Percy, der zu beiden Schwestern ein erotisches Verhältnis pflegt und für den Geld, ebenso wie übrigens für Lord Byron, schliesslich keine Rolle spielt, alldieweil beide ja mehr als genug davon haben.

Trotz aller Sinnesfreuden ist es eine grausame Zeit in der diese Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, spielt. Dies zeigt sich besonders am Schicksal der von Mary und Claire geborenen Kinder, die in der Mehrzahl früh sterben. Sehr eindrucksvoll beschrieben wird auch die Beschwerlichkeit des Reisens Anfang des 19. Jahrhunderts. So etwa die Überquerung der Alpen auf dem Weg zum Genfer See durch einen Schneesturm und die Gefahren und Mühen von Schiffsreisen auf dem Weg von England nach Frankreich .

Ein toller Roman über vier Freigeister, die für die Literatur, die Liebe und ihre Freiheit tatsächlich gelebt haben. Ich vergebe 5 Sterne .