Rezension

Ein Bild der Jugend

Jonny Guitar
von Wiebke Saathoff

Bewertet mit 4 Sternen

Jonny hält sich selbst für einen ziemlich tollen Kerl. Und die Frauen geben ihm Recht. Abgesehen von seiner Band und schnellen Nummern hat er auch kaum etwas anderes im Kopf. Sich fest binden, für die Zukunft sorgen - Fehlanzeige. Kein Wunder, dass es für ihn an Verrat grenzt, als sein bester Freund beschließt zu heiraten. Doch Jonnys Leben soll schon bald eine noch viel unangenehmere Wendung nehmen..

Jonny ist alles andere als ein sympathischer Protagonist. Den Kopf in den Wolken, ein Ego so groß, dass es wohl in keine Kiste mehr passen würde, verantwortungslos und egoistisch. Und doch konnte ich mit ihm erstaunlich gut. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich in seinem Lebenswandel doch gut wiederfinden konnte. Klar, so extrem wie bei Jonny ist es selten, aber Tendenzen lassen sich bei den meisten Jugendlichen finden, die sich in ähnlichen Kreisen bewegen.
So konnte ich auch über die etwas seltsame Art sich zu unterhalten, die die Jungs an den Tag legen, hinwegsehen. Das mag alles durchaus authentisch sein, für einen Liebhaber der deutschen Sprache ist es allerdings nichts. Macht aber nichts, denn der Rest hat gepasst. Da kann man also durchaus mal ein Auge zu drücken.

Der Autorin ist es fabelhaft gelungen, Berlin zwischen die Zeilen zu bannen. Die Stadt hat etwas ganz besonderes, ein eigenes Herz, einen eigenen Puls, und den spürt man bei jedem Satz. Das macht das Buch nochmal zu einem fantastischen Erlebnis und weckt den Wunsch, ganz schnell mal wieder zurück zu kehren.

Das Ende ist das Einzige, was ich ein wenig zwiespältig betrachte. Einerseits finde ich es fantastisch, dass Jonny immer noch der Alte ist, irgendwie. Eine komplette Wende hätte man ihm einfach nicht abgekauft. Aber ich bin einfach nicht der Typ für offene Enden, das lässt in mir immer so ein leicht leeres Gefühl zurück - so auch hier. Ob man sowas mag oder nicht ist aber ja immer subjektiv.

Saathoff hat ein authentisches Bild der heutigen Jugend gezeichnet. Kein Morgen, keine Konsequenzen, möglichst wenig Verantwortung und Leben bis zum Exzess. Definitiv lesenswert!