Rezension

Ein All-inclusive Lesevergnügen

Die letzte Nacht des Matze Blitz - Aleks Wiercinski

Die letzte Nacht des Matze Blitz
von Aleks Wiercinski

Bewertet mit 3.5 Sternen

Schwetzingen in den 90er-Jahren: Beschaulich, barock, ein Paradies für Senioren – und so gar nicht zu den stürmischen Jahren des jungen Polen Matze Blitz passen wollend, der als Kind im Schlepptau seiner Mutter in die Bundesrepublik gekommen ist. Seine Freunde: Multikulti; ihre Aktionen: eine einzige Provokation. Bis alles in einer letzten, verheerenden Silvesternacht in Mannheim gipfelt…

Aleks Wiercinski hat mit seinem Debütroman "Die letzte Nacht des Matze Blitz" eine Geschichte über das Herauswachsen geschrieben. Und aus was man so alles herauswachen kann. Aus bisherigen Gewohnheiten, dem Umfeld, aus den alltäglichen Träumen und Zielen, aus dem Vertrautem, dem bisherigen Freundeskreis, aber auch aus einem Selbst, seinem früheren Ich. Aleks Wiercinski gelingt es auf eine ganz besondere Art und Weise dieses Gefühl der Veränderung einzufangen, das man als Heranwachsender irgendwann zu spüren beginnt. Zunächst nimmt man dieses Gefühl nur ganz zaghaft und langsam wahr, aber irgendwann wird es einem dann immer mehr bewusst und gleichzeitig versucht man es, so präsenter und stärker es auch wird, umso mehr zu verdrängen. Eine Homage an eine ganz besondere Zeit im Leben!
Beim Lesen dachte ich zwischenzeitlich ich wäre auf einem "Road-Trip". Als wären die Jungs überall gewesen und wenn man überall nicht geographisch, sondern emotional versteht, dann trifft es dieser Vergleich vielleicht doch.

Der Stil des Buches ist wie das Heranwachsen selbst. Auf der einen Seite ist man bereits ernst, nachdenklich, poetisch und tiefgründig. Auf der anderen Seite erhält man sich diesen „jugendlichen Schalk“, so skurril, lustig, abgedreht, locker lässig und schnodderig.
Wäre „Die letzte Nacht des Matze Blitz“ ein Radiosender, dann würde auf dieser Welle ein ganz eigener Mix gesendet werden. Einmal empfängt man diese lockere lustige Tonspur. Bei der man laut aufdreht und einfach gute Laune bekommt. Dann gibt es da diese leisen nachdenklichen Töne, bei denen man näher an den Apparat treten will, um diesen ganz genau lauschen zu können und wenn sie verklungen sind, dann schwingen sie immer noch durch den Raum.

Und ein kleinwenig ist dieses Buch auch eine Zeitmaschine, man wird in die 90er Jahre zurück gebeamt. Mit sehr viel Liebe zum Details wird diese Ära mit ihren ganzen Phänomenen von der G-Shock Uhr bis hin zum Discman mit Anti-Shock wieder zum Leben erweckt.

Eine Geschichte bei der ich lauthals gelacht, mich vor Ekel geschüttelt, einzelne Zeilen mehrmals gelesen und ihre Poesie bewundert habe. Wer ein Fan von Wortakrobaten und bildlichen Vergleichen ist, der ist hier genau richtig. Also alle die Antennen ausfahren und den Sender „Matze Blitz“ suchen und einfach nur zu hören.