Rezension

Eifersüchteleien um Dinosaurierknochen - und eine betagte Staumauer

Stille Sainte-Victoire -

Stille Sainte-Victoire
von Cay Rademacher

Bewertet mit 5 Sternen

Der Gebirgszug Montagne Sainte-Victoire nahe Aix en Provence wurde oft gemalt, ist jedoch vielen Anwohnern nur aus der Ferne vertraut. Als Capitaine Roger Blanc kurz vor Ostern zum Fund eines Toten gerufen wird, trifft sein Team jedoch auf erstaunlich viele Personen, die sich zum Tatzeitpunkt in der Nähe aufgehalten haben müssen. Dem Toten war mit erheblicher Kraft ein scharfer Dinosaurierzahn in die Brust gerammt worden. Das Opfer Roland Dallest untersuchte gemeinsam mit seiner Kollegin die Statik des Staudamms am Lac de Bimont; der Zwillingsbruder Christian des Toten gräbt als Archäologe mit einem Team nach Dinosaurierknochen. Franck Garro, Blogger von Querfeldein-Extremwandertouren, trampelt zum Ärger aller Beteiligten quer durch die Natur und hat sich auf seinen Wegen u. a. mit dem betagten Heimatforscher Vallauri angelegt. Der ermordete Roland Daleste war mit Vallauri verabredet, weil der Mann bereits als Jugendlicher auf der Baustelle des Staudamms arbeitete und der letzte lebende Zeitzeuge ist. Daleste interessierte sich offenbar für mehr als nur ein altes Foto der Baustelle.

In der Hitze der Provence ähneln sich Opfer und Zeugen erstaunlich  mit Jeans, Karohemd, Schlapphut und festem Schuhwerk, so dass der Gedanke an eine Verwechslung des Opfers mit seinem Bruder naheliegt. Opfer und Zeugen haben offenbar wie in einem Planetensystem umeinander gekreist. Der berühmte Paläontologe wird schon immer von einem weniger erfolgreichen Konkurrenten beneidet und könnte ohne die Kontakte seiner Frau Marjorie zum Fossilienhändler Martini seine Arbeit nicht finanzieren. Die Grabung und Vallauris Naturschutzinteressen werden regelmäßig vom Wander-Anarcho Garro gestört – und das Verhältnis der Zwillingsbrüder zueinander wirkt mehr als sonderbar. Alle Personen, die sich in der Nähe von Roland Dallest aufgehalten haben, waren ortskundig, kräftig genug, hatten für die Tat eine Gelegenheit, und Motive gibt es mehr als genug. Der Beweis, wer so viel zu verlieren hatte, dass der Statiker Dallest deshalb sterben musste, ist allerdings nicht so zügig zu erbringen wie die Ideen in Blancs Team sprudeln. Schließlich bringt die simple Tatsache Blanc weiter, dass ein Schwarzweiß-Foto das Wesentliche hervorhebt.

Da das Privatleben der Ermittler dezent im Hintergrund bleibt, ist dieser 10. Band unabhängig von der Serienzählung verständlich. „Stille Sainte-Victoire“ liefert die bewährten Zutaten zu Rademachers Provence-Krimis: eine Landschaft, die sofort zum Kofferpacken anregt, spannende Verknüpfung von aktueller Straftat mit regionaler Geschichte, ein eingespieltes Ermittlerteam, Blancs Lebensaufgabe bei der Renovierung seiner historischen Ölmühle und nicht zuletzt Blanc und die Frauen …