Rezension

Die Hüterin der Säugetiere

Die stummen Wächter von Lockwood Manor - Jane Healey

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
von Jane Healey

Bewertet mit 3 Sternen

Auf das Romandébut der englischen Autorin Jane Healey - das sich durch ein bemerkenswertes und sehr hübsches Cover auszeichnet und der Titel bereits in die Genrerichtung weist, die der Leser vorfindet (Mystery-Anteile), habe ich mich sehr gefreut, da ich Geschichten sehr mag, die in alten englischen Herrenhäusern sowie in England selbst verortet sind. Gefunden habe ich allerdings eine Geschichte, die ich mir anders vorgestellt habe; vor allem spannender und "packender".

 

Inhalt:

 

England, 1939:

 

Um die Tiere eines Londoner Museums vor der Zerstörung durch etwaige Angriffe im Kriegsverlauf zu schützen, begibt sich Hetty Cartwright, Angestellte des Museums, mit ihrer Abteilung der Säugetiere, in denen Panther, Jaguar, Eisbär, Okapi und viele andere ausgestopfte Tiere zu finden sind, auf die Reise in das Herrenhaus Lockwood Manor, wo die ausgelagerten Museumsexponate vermeintlich gut während des Krieges aufgehoben sind.

Im weitläufigen alten Herrenhaus mit seinen 92 Zimmern, 4 Stockwerken und 6 Treppenhäusern jedoch stellt Hetty fest, dass sich einige der Tiere plötzlich auf einem anderen Platz befinden; ein Tier verschwindet gar spurlos und nachts bevölkern bizarre Geräusche und unheimliche Gestalten das große Herrenhaus. Während Lucy,die Tochter von Lord Lockwood, dem "Major", der passionierter Jäger und leidenschaftlicher Sammler ist, Hetty sehr freundlich begegnet, ist der Herr des Hauses sehr reserviert und kaltschnäuzig; allerdings imponiert ihm, wie sehr sich Hetty bzw. Miss Cartwright für die Sammlung der Säugetiere einsetzt und diese unbedingt durch die Kriegswirren bringen will, um sie nach dem Kriege unversehrt wieder dem Museum zukommen zu lassen.

 

Hetty bleibt nicht verborgen, als sich die beiden Frauen besser kennenlernen, dass Lucy von allnächtlichen Angstzuständen und Albträumen geplagt wird, die seit dem Tod ihrer Mutter und Großmutter noch stärker geworden sind. Hetty ahnt, dass ihr Lucy und Lord Lockwood etwas verheimlichen, das mit dem großen alten Haus zu tun haben mag, doch woher kommen Lucys und ihre eigenen Albträume?

 

Meine Meinung:

 

Neben Hetty und Lucy wie auch ihr Vater Lord Lockwood gibt es einen Hauptprotagonisten für diesen Roman von Jane Healey: das Haus, Lockwood Manor, das die Autorin sehr gekonnt und atmosphärisch in all seiner mysteriösen Weitläufigkeit gut beschreibt. Doch genauso gibt sie dem Leser lange Zeit Rätsel auf; z.B. die Mutter von Lucy betreffend, Heloise, die von einer Insel stammte und sich in dem großen Haus ängstigte, sich eingesperrt fühlte: Diese Figur bleibt lange Zeit nebulös. Ebenso wie die Aufklärung der verschwundenen Uhr, die Hetty nicht wiederfindet, einen Jaguar, der nicht wieder auftaucht und Kolibris, die aus ihrem Glaskasten entschwanden. Nach und nach enthüllt und entrollt die Autorin die Hintergründe, lässt Hetty "Museums-Detektivin" spielen und lässt den aufmerksamen Leser lange im Dunkeln tappen. Was hat es mit dem "blauen Zimmer" auf sich, von dem Lucy immer wieder in ihren Albträumen geplagt wird - und das in der Realität nicht aufzufinden ist?

 

Atmosphärisch und düster verfolgt man Seite um Seite die Geschehnisse, die Jane Healey trotz allem atmosphärischem Schreibenkönnens das durchaus "Mysteriöse" teilweise übertrieben und zu bemüht darstellt, durch Längen so sehr detailliert, dass mir jegliche Spannung leider genommen wurde. Den Stil der Autorin finde ich eigentlich gut, daher bemühte ich mich immer wieder, aus der Geschichte Spannung herauszulesen (Mystery gehört durchaus zu meinen Lieblingsuntergenres), allerdings war dies vergeblich: Die Langatmigkeit und diverse Vorahnungen nahmen jegliche Spannung aus dem Roman. Schade!

 

Obgleich die Figuren recht gut ausgeleuchtet wurden; im Besonderen Hetty und Lucy, fand ich keinen Zugang oder Nähe zu ihnen; die Darstellung des Lords war eher von Abneigung geprägt, was sicher im Interesse der Autorin lag und folgerichtig ist, wenn man sich dem Romanende nähert.

 

Merkwürdig fand ich das Bild der teils verrückten, teils klaren Mutter von Lucy, die ihre Tochter noch nach ihrem Tod ängstigt und deren Hintergründe viel zu lange verborgen bleiben: Das Lesen dieses Romans war für mich (leider) wie ein Lesen mit einer Taschenlampe, deren Batterien schwächeln... Auch das Romanende, das in einem legendären Weihnachtsessen in der Langen Galerie mitsamt exotischen Pflanzen und den Museumsexponaten stattfand, konnte den Roman in meinen Augen nicht bestehen lassen.

 

Die Sorgen um ihre Sammlung und damit die Bewertung ihrer Qualifikation und Karriere als Museumsangestellte durch den Direktor waren mir zuweilen etwas zu viel; wenn auch nachvollziehbar. Aber da auch der herannahende Krieg und die Bomben der Deutschen immer wieder thematisch ins Bild gesetzt werden (sowie die damit einhergehende Verdunkelung), war dies wie die Autorin schreibt "ein Staubkörnchen" im Verhältnis der vielen Tausende Opfer und Toten des kriegszerstörten Europa.

 

Fazit:

 

Die düstere Thematik dieses Schauerromans, der auf Gruseleffekten basiert und atmosphärisch geschrieben wurde, lichtet sich erst ganz zum Romanende hin. Mich konnte die erzählte Geschichte wie auch die HauptprotagonistInnen leider nicht erreichen. Vieles war für mich überzeichnet und zu langatmig, Spannung kam allenfalls zum Schluss auf. Daher kann ich nur knappe 3* vergeben.