Rezension

Der Leidensweg eines Sklaven

Onkel Toms Hütte - Harriet Beecher Stowe

Onkel Toms Hütte
von Harriet Beecher Stowe

Bewertet mit 5 Sternen

Ihm war die Freilassung versprochen, doch als sein Herr, Mr. Shelby, in Schulden gerät, wird Tom verkauft. Sein junger Master George schwört ihm, ihn zurückzuholen. Das und sein tiefer Glaube an Gottes Gnade hält Tom aufrecht als er seine Frau und Kinder verlassen muss – einer ungewissen Zukunft entgegen, im erbarmungslosen Süden des Landes.

Seiner Leidensgefährtin Eliza gelingt die Flucht, bevor der Händler ihr ihren Sohn entreißen kann. In der Hoffnung nach Kanada zu entkommen, schlägt sie den Weg nach Norden ein.

Das erschütternde Manifest gegen die Sklavenhaltung in den Südstaaten. Harriet Beecher Stowe nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie findet klare Worte für das täglich erlebte Leid und Unrecht, die Unterdrückung und Grausamkeit. Bitter böse teils ironisch, sarkastisch, sachlich im Understatement und umso eindringlicher wirft sie den Lesern ins Gesicht, wie ihre Realität wirklich aussieht: untätige Gutmütigkeit, die spätestens mit dem Tod der „gütigen“ Herren in gnadenloser Barbarei endet; Selbstgerechtigkeit, falsche Religion, gefühllose Gewinnsucht bis zur sadistischen Brutalität – die Autorin erspart dem Leser nichts. Ihre Charaktere sind Typen. Jeder präsentiert eine Facette des Problems. Sie verschweigt die Komplexität nicht, die Schwierigkeit, eine Lösung zu finden, die menschenwürdig und nachhaltig ist. Trotz der Typisierung ist der Roman erschütternd. Wenn man sich darauf einlässt, sich vorstellt wie die so leicht hingeworfenen Skizzen in der Realität aussahen, kommen einem die Tränen.

Das Christentum spielt eine große Rolle – sicherlich auch der Zeit geschuldet, aber daran wird auch deutlich wie es missbraucht wurde: als Rechtfertigung für alles und als erster Grund für Untätigkeit. Tom hält an seinen christlichen Grundsätzen fest bei allem, was er durchmacht. Seine irdische Existenz kann verkauft werden, seine Seele nicht.

Ein großartiges Werk! Es hat mich sehr bewegt und immer wieder schockiert. Dass Menschen zu solchen Gräueln fähig sind, macht mich immer wieder fassungslos auch, wenn es nichts Neues ist.

Das Nachwort in dieser Ausgabe beschreibt noch mal eindringlich wie dieses Werk zu seiner Zeit gewirkt hat, wie Beecher Stowe überhaupt dazu kam es zu schreiben, was sie bewegte und wie es schließlich plötzlich verkannt wurde. Diese Hintergründe erschließen einem noch mehr und lassen das Werk noch phantastischer wirken.

Ich bedaure, dass diese dtv-Ausgabe auf die Illustrationen verzichtet hat und vor allem, dass es keinen Anmerkungsteil hat. Bei vielen Szenen hätte ich gerne weitere Informationen gehabt – geschichtliche Hintergründe, Interpretationsansätze, Erklärungen, was auch immer.

Trotzdem 5 Sterne für ein tolles Buch, das Herz und Verstand gleichzeitig berührt und immer noch dazu verleitet Parallelen zu ziehen zu der heutigen Politik sowie dem eigenen Verhalten.