Rezension

Chinesisch-Afrikanische Beziehungen

Die Spiele -

Die Spiele
von Stephan Schmidt

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Entscheidung über den Austragungsort der Sommerspiele 2032 wird bei der IOC-Tagung 2021 in Shanghai zum heißen Eisen, weil  China und mehrere afrikanische Staaten  wirtschaftliche Interessen miteinander verbinden. Als Charles Murandi, der mosambikanische IOC-Vertreter, kurz vor der Abstimmung  tot in seinem Hotelzimmer gefunden wird, gerät das sorgfältig austarierte Machtgefüge ins Rutschen. Als Verdächtiger verhaftet wird der  in Kapstadt akkreditierte deutsche Journalist Thomas Gärtner, der illegal nach China eingereist ist – für die Beteiligten eine riesige Blamage. Gärtner will offenbar sein zu erwartendes Karriereende mit einer großen Investigativ-Reportage verhindern.  Er kennt Murandi schon lange als Interessenvertreter ehemaliger DDR-Vertragsarbeiter aus Mosambik, die von den beteiligten Staaten (DDR, BRD, Mosambik) nach der Wende angeblich um ihren Lohn betrogen wurden. Da Eingeweihte an Murandis  Opferstatus zweifeln, braucht Gärtner dringend schriftliche Beweise. Die Betreuung des Untersuchungshäftlings samt Kontakt zum chinesischen Ermittler Frank Luo übernimmt Lena Hechfellner, Beamtin des deutschen Konsulats, während die Regierungsmaschine der – fiktiven – deutschen Kanzlerin sich im Anflug auf Shanghai befindet …

Wie ein erfahrener Auslandskorrespondent auf die Idee kommen kann, anlässlich eines Treffens internationaler Sportfunktionäre ausgerechnet privat nach China zu reisen, fragen sich alle Beteiligten. Ein China-Greenhorn wie Gärtner würde ohne Hilfe im Land  der doppelten Realitäten keine 24 Stunden überstehen. Er muss demnach außergewöhnlich naiv sein oder besonders raffiniert. Die letzte Variante würde die Frage aufwerfen, wessen Marionette er sein könnte, wer erpressbar ist und wer auf diversen Ebenen nun um seinen Job fürchten sollte.

Stephan Schmidt knüpft seinen komplexen Polit-Thriller u. a.  zwischen Ereignissen zu DDR-Zeiten, einem journalistischen Greenhorn, der Beziehung zwischen chinesischem Geheimdienst und Kriminalpolizei,  sowie  der hochinteressanten Figur  der  Konsulatsbeamtin. Der Reiz des Settings ergibt sich  aus dem mehrlagigen Netz  erfahrener  und unbedarfter Figuren  und  dem bisher kaum beachteten Thema chinesischer Afrika-Politik. Schein und Sein entfalten sich für Schmidts Leser:innen in  überraschenden Wendungen - mit einer Portion Ironie - und lassen  wiederholt an der eigenen Wahrnehmung zweifeln.