Rezension

Aussergewöhnliches Märchen für Erwachsene

Weit über der smaragdgrünen See -

Weit über der smaragdgrünen See
von Brandon Sanderson

Bewertet mit 4 Sternen

Die junge Tress lebt auf einer kleinen Felseninsel namens Diggenspitze mitten in der smaragdgrünen See. Den Bewohnern ist es nicht gestattet, die Insel zu verlassen und Tress aufregendstes Hobby ist das Sammeln von Tassen und dem Zuhören, wenn ihr Freund Charlie ihr Geschichten erzählt. Doch dann soll Charlie, der der Sohn des Herzogs ist, auf Brautschau gehen. Doch zwischen Tress und Charlie ist mehr als nur Freundschaft und so schwört er ihr, keine Braut zu wählen. Tress wartet auf Charlies Rückkehr, doch als das Schiff des Herzogs zurückkehrt, fehlt Charlie. Tress schwört, ihn zu finden und macht sich auf die verbotene Reise und muss dabei vielen Gefahren trotzen.
Mittlerweile ist Brandon Sanderson für mich ein Garant für tolle Fantasygeschichten und so war ich unheimlich neugierig auf dieses Buch. Dessen Gestaltung und die tollen Illustrationen im Innenteil haben mir sehr gefallen und regten die Fantasie noch einmal mehr an.
Der Einstieg fällt dank des leichten Schreibstils sehr leicht, dabei hat dieser hier einen absolut märchenhaften Ton, der zu dieser Geschichte richtig gut passt. Interessant ist hier auch die ungewöhnliche Erzählweise, bei der der Autor zwar einen Ich-Erzähler wählt, der aber eher eine Nebenfigur auf Tress' Reisen ist. Dieser wendet sich während der Geschichte immer wieder an sein Publikum, dem Leser, was bestimmte Passagen hervorhebt und eindringlicher werden lässt.
Sanderson ist ein Meister des Worldbuildings und ich konnte Tress' Abenteuer förmlich vor mir sehen, ebenso wie die unterschiedlichen Charaktere. Ich sah die karge Felseninsel, das grüne Meer, Piraten, Drachen und vieles mehr. Interessant war auch die Idee, das Meer gefährlich werden zu lassen, indem es nicht aus Wasser, sondern aus Sporen besteht. Diese reagieren auf unterschiedliche Art mit Wasser bzw mit Flüssigkeit im Allgemeinen und sind letzten Endes dadurch tödlich.
Insgesamt wechseln sich hier Momente voller Spannung und ruhige Passagen ab. Mir persönlich dauerten die ruhigen Passagen teilweise zu lang, was mich zwischendurch immer wieder abschweifen ließ. Das allerdings macht er mit seinen vielen und auch neuen Ideen dann wieder wett und macht trotz der Magie alles auf seine Weise klar und logisch.
Ganz besonders gut gefiel mir die Protagonistin Tress, die zu Beginn eher ruhig und schüchtern wirkte. Aufgrund ihrer Herkunft, dieser kleinen Felseninsel, ist sie recht naiv, umso mehr konnte sie mich mit unvorhersehbaren Handlungen immer wieder überraschen und ihre Entwicklung war einfach gelungen. Von den zahlreichen Nebencharakteren bekommen übrigens nur die wichtigsten Namen, was sie auf bestimmte Weise hervorhebt.
Mein Fazit: Brandon Sanderson besticht auch hier wieder mit seinem Talent, fremde Welten entstehen zu lassen und diese bis ins kleinste Detail zu durchdenken. Für die Entwicklung seiner Protagonistin nimmt er sich Zeit, was zwar wichtig ist und logisch, mir aber leider etwas zu langatmig war. Trotzdem ist dieses Buch etwas besonderes und etwas anderes und wirkte dadurch auch einfach ungewöhnlich. Ich könnte mir vorstellen, dass der ungewöhnliche Schreibstil nicht jedem gefallen wird und empfehle eine Leseprobe. Ansonsten ist Weit über der smaragdgrünen See ein atmosphärisches Märchen voller neuer Ideen und einer sehr sympathischen Protagonistin.