Rezension

Ausflug in die Filmwelt der 30er Jahre

Ich bin ja heut so glücklich -

Ich bin ja heut so glücklich
von Charlotte Roth

Bewertet mit 3 Sternen

Ich habe fast alle Bücher von Charlotte Roth gelesen und mag sie sehr, weil sie Geschichtliches so wunderbar einfühlsam und lebendig schildert. Hier ist das leider nicht gar so gut gelungen.

Natürlich ist es hoch interessant, wenn eine Schauspielerin wie Renate Müller ein begehrter Filmstar wird, obwohl sie nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht. Leider erleben wir hier genau diesen Prozess nicht mit. Renate wird Ende der 20er Jahr ein Theatersternchen, in den 30ern ist sie eine angesagte Filmschauspielerin. Als die Nazis ihr Image als Sonnenschein für ihre Zwecke ausnutzen wollen, zieht sie sich zurück.

Das Thema ist spannend, nur bin ich diesmal nicht so recht mit den Figuren warm geworden. Da schafft es keiner, ein bisschen sein Rollenklischee zu verlassen. Die zwiespältigste Figur ist Renates Jugendfreund Werner, der nach erfolglosen Berufsversuchen Göbbels Chauffeur wird und sie mit hündischer Verehrung verfolgt. Nur ist es weder Werners Aufgabe noch sein Talent, dieses Buch zu tragen. Das hätte Renate tun sollen, die süß und brav vom Theater träumt und sich von ihrer Freundin Sybille das Trinken beibringen lässt, wie man das eben macht in Theaterkreisen. Natürlich kann man von einer Frau, die berühmt wird, weil sie so reizend ist, keine Ecken und Kanten erwarten. Nur ist ein Sonnenscheinchen auch nicht automatisch interessant.

Zudem wird man auch den Eindruck nicht los, dass die meisten Dialoge nur dazu dienen, das politische Geschehen zu referieren. Da bleibt eben die Persönlichkeit auf der Strecke.

Immerhin hat mir dieses Buch eine Schauspielerin vorgestellt, von der ich noch nie gehört hatte. Ich hätte sie gerne näher kennengelernt und nehme es gerne zum Anlass für weitere Recherche.