Rezension

Appetit?

Anständig essen - Karen Duve

Anständig essen
von Karen Duve

„Manchmal wünschte ich, ein Hackbraten wäre wieder ein Hackbraten, ein Grillfest ein großes Vergnügen und ich könnte in eine Bratwurst beißen, ohne dass dafür an finsteren Orten wochen- und monatelang gelitten wird.“ Bestsellerautorin Karen Duve wollte herausfinden, ob man sich heutzutage noch irgendwie moralisch korrekt ernähren kann. Und so wurde sie probeweise zur Bio-Käuferin, zur Vegetarierin, Veganerin und Frutarierin und schrieb ein ebenso augenöffnendes wie eindringliches Buch darüber. Ohne Moralpredigt, dafür mit dem ganz speziellen, knochentrockenem Duve-Humor.

Karen Duve hat ein Jahr lang ihre Ernährung umgestellt, parallel dazu Artikel und Bücher gelesen und sich das Weltklima und die –katastrophen angesehen.

Sie begann im Januar 2010 damit, nur noch Bio-Lebensmittel zu kaufen, und beendete das Experiment im Oktober mit einem frutarischen Speiseplan. Bio – vegetarisch – vegan – frutarisch lauteten die Stationen, die sie im Einzelnen mindestens zwei Monate durchhielt, manchmal länger, wobei diese Verlängerung auch stets mit einer strengeren Methode verbunden war.

Alle Achtung vor Duves Disziplin! Sie gibt selbst zu, dass es nicht leicht war, schon der Einkauf gestaltete sich schwierig, weil z.B. Veganer vor ein paar Jahren noch Außenseiter waren und als Konsumenten dementsprechend uninteressant.

Unter dem Aspekt des Protestes gegen die Massentierhaltung und die industrielle Fertigung der Lebensmittel findet man sicher viele Leser, die zustimmen. Mich auch.
Problematisch wird die Sache, als allgemeine Tierliebe und Tierschutz als Motivation dazu kommen. Wenn die Schöpfung / Evolution vegan lebende Katzen hätte haben wollen, hätte sie sie hervorgebracht. So empfinde ich die radikale Umstellung auch der Haustiere eher als Tierquälerei, denn als –schutz. Natürlich kann man in böse Gewissenkonflikte kommen, wenn man die Entscheidung zwischen dem Wohl des einen Tiers und dem des anderen hat: Darf man Steckmücken, die ein Pferd quälen, töten?

Dass Duve veganes Leben ausprobiert, sei ihr gegönnt. Ich verstehe allerdings nicht, warum sie ihre teuren Lederschuhe und –jacken ausrangiert. Hier verstößt sie gegen das Gebot der Nachhaltigkeit.
Auch fällt mehr und mehr ein moralisierender Zeigefinger und ein streitbarer Umgang mit „Richtig“ und „Falsch“ auf. Spätestens hier kann ich der Autorin nicht mehr zustimmen.

Wie man es dreht und wendet: Man kann sich nicht ernähren / kleiden / unterhalten ohne der Welt, der Umwelt oder einem Lebewesen – Mensch oder Tier - zu schaden.

Wenn das Buch als Plädoyer gegen den gleichgültigen Umgang mit den Ressourcen und den Geschöpfen gedacht ist, dann hat es seinen Zweck erfüllt. Nachdem dem Thema inzwischen mehr mediale Aufmerksamkeit gewidmet wird, unterscheidet sich das Buch von vielen anderen Publikationen vor allem durch das persönliche „Leiden“ und Erzählen.