Rezension

Zauberhafte Welt, flache Charaktere

Drachenelfen - Bernhard Hennen

Drachenelfen
von Bernhard Hennen

In einer Zeit, in der die Welt von den Alben, ihren Erschaffern, verlassen zu sein scheint, kämpfen Drachen und Devanthar, gottähnliche Wesen, um die Herrschaft über die magische Welt Nangog. Die ihnen unterstehenden Drachenelfen und Menschen ahnen dabei noch nichts von dem Kampf, der sich anbahnt und die Welten, die sie kennen und ihre Heimat nennen, schon bald in Blut und Feuer tauchen wird. Noch ist der bevorstehende, unausweichlich scheinende Krieg jedoch fern, weder Nandalee, eine Ausgestoßene ihrer Sippe, die zur Drachenelfe - einer Auftragsmörderin der Drachen - ausgebildet wird, noch der Bauer Artax, der sich auf einmal im Körper eines Unsterblichen und als Herrscher eines ganzen Menschenvolkes wiederfindet, wissen um die Pläne ihrer Herrscher, den Himmelsschlangen und den Devanthar und dass sie wie Figuren in einem Spiel bewegt werden.
Geschickt verknüpft Bernhard Hennen die Schicksale von der rebellischen Nandalee, die sich nicht unterordnen kann und selbst den Drachen Rätsel mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten aufgibt, von Artax, der im Körper des unsterblichen Aaron plötzlich ein Königreich regieren und Schlachten schlagen muss, die erst der Anfang im Plan der Devanthar sind, und Galar, einem Zwerg, der der Herrschaft der Drachen ein Ende bereiten und sich ihre Magie zu nutze machen will. Gleichzeitig verwebt Hennen dabei das Schicksal der drei Welten, auf denen die Protagonisten ihre Schlachten austragen und die sich die großen Herrscher Untertan machen wollen.

Durch die Beschreibung aus den unterschiedlichen Sichtweisen von Nandalee, Artax, Galar und ein paar Nebencharakteren gelingt es Hennen, die Erzählstränge miteinander zu verbinden und einen Gesamtüberblick über die drei Welten zu schaffen, die anfangs noch nicht miteinander in Berührung kommen. Bis es soweit ist, vergeht sogar sehr viel Zeit. Die gut tausend Seiten, die das Buch umfasst, sind eigentlich eine einzige Vorbereitung auf den bevorstehenden Kampf, von dem man in diesem Band noch nichts zu lesen kriegt, obwohl es der Klappentext eigentlich verspricht. Die Handlung kommt generell sehr langsam in Gang, es werden hunderte Seiten verschwendet, um die Protagonisten vorzustellen und ihre Reise zu beschreiben, die sie zur Drachenelfe oder zum Herrscher über ein Menschenvolk machte, doch die Beschreibung dieser ist einfach nur sehr langatmig und vermag nicht wirklich zu fesseln. Auch durch die wechselnden Erzählperspektiven gelingt es Hennen trotz allem nicht, den Charakteren wirkliche Tiefe zu verleihen – sie bleiben trotz des gewaltigen Umfangs des Buches sehr flach und keiner von ihnen konnte wirkliche Sympathie erwecken, was die Geschichte nur noch zäher machte.

Hennens flüssigem Schreibstil ist es zu verdanken, dass ich mich trotz allem durch die langwierige Geschichte gequält habe, der ich kaum etwas abgewinnen konnte. Doch auch hier unterlaufen ihm einige Patzer, die mir beim Lesen wirklich aufgestoßen sind, so zum Beispiel die ziemlich moderne Sprache der Charaktere, die für mich einfach nicht in eine mittelalterlich angehauchte Fantasywelt passt.
Ein interessanter Aspekt an dem Buch, der es unter den anderen Fantasywerken ein wenig hervorhebt, war für mich das umgekehrte Bild der stereotypen Drachen, Elfen und anderen Wesen. Drachen sind hier nicht die unnahbaren, mächtigen Kreaturen, Hennen verleiht ihnen eigene Persönlichkeiten, die sie voneinander unterscheiden und fast menschlich erscheinen lassen – sie sind launisch und aufbrausend oder friedfertig und ruhig. Die Elfen, die den Himmelsschlangen unterstehen, werden dagegen nicht wie die zarten, zerbrechlichen Wesen dargestellt, wie man sie in vielen Büchern kennt, sie sind die Dolche der Drachen, in deren Auftrag sie töten und spionieren, und auch den einzelnen Menschenvölkern hat Hennen faszinierende Eigenarten zugeschrieben.

Hennen hat eine zauberhafte Welt geschaffen, die er mit eingestreuten Hintergrundinformationen in Form von alten Schriften noch mehr ausschmückt, doch der Zauber seines Buches liegt eindeutig nur in dieser fein herausgearbeiteten Hintergrundgeschichte seiner Welten, nicht in der Geschichte selbst, die auf viel weniger Seiten hätte erzählt werden können und deren flache Charaktere leider nicht überzeugen konnten.