Rezension

Wildnis mit allem was dazu gehört. Abenteuer pur!

In der Wildnis bin ich frei - Miriam Lancewood

In der Wildnis bin ich frei
von Miriam Lancewood

Mit Sack und Pack einfach drauflos, alles verkaufen, was ich hab und dann geht es los. Wer hat noch nicht davon geträumt in ferne Länder zu reisen, neues zu erleben, vor allem sich selbst besser kennenzulernen. Miriam Lancewood hat genau das getan, wovon viele Menschen reden aber doch zurückschrecken. In ihrem Buch „In der Wildnis bin ich frei“ berichtet sie von ihren Reisen mit ihrem Freund Peter, später Ehemann, über mehrere Jahre, die sie in Neuseeland verbracht hat. Außerhalb der Moderne, oftmals nur mit ihrem Zelt unterwegs. Manchmal haben sie aber auch ihr Leben in Hütten von Freunden und Bekannten verbracht, immer weit weg von der sogenannten Zivilisation. Ein extremes Beispiel, wie man allem entsagen kann, was das „normale“ Leben bietet und nachdem wir eigentlich streben und gieren. Und dabei kann man so richtig eintauchen in diese Geschichten. Gespickt mit wenigen Bildern ihres Lebens, gibt es vielleicht Anreize für Wenige, es ihnen nachzutun; für wenige Wochen oder auch länger.
Geboren und aufgewachsen in den Niederlanden hat sie während eines Aufenthaltes in Indien ihren Freund kennengelernt, der dreißig Jahre älter als sie ist, der ihr alles über die Pflanzenwelt, Wetterlagen und das Reisen mit wenig Gepäck beibringt. Es scheint ein ewiges Abenteuer, ihr Leben. Dabei hatten sie in der ersten Zeit in Neuseeland Haus, Arbeit, soziale Kontakte, das Übliche eben. Ihre langen Reisen durch Asien hatten ihnen aber schon schnell gezeigt, dass für sie das Leben noch einiges mehr zu bieten hat. Vor allem die Autorin wollte genau wissen, wie es ist, dem Wetter, den Begebenheiten in der Wildnis ausgesetzt zu sein, mit dem zu leben, was der Boden hergibt. Allerdings haben sie sich nicht völlig davon abhängig gemacht, bei all ihren Auszeiten haben sie Lebensmittel deponiert, es war ihnen klar, nur mit der Jagd oder der Ernte des von ihnen bei einigen Stationen in ihrer Reisen angebauten Gemüses können sie nicht überleben.
Ausgerechnet die Vegetarierin Lancewood versucht zunächst mit Pfeil und Bogen genug Fleisch zu jagen, damit sie für ihre Kräfte zehrenden Fußmärsche genug Energie bekommen. Erst später probiert sie sich dann doch an einem Jagdgewehr, denn auch wenn sie dem Leben ihrer Ahnen so nahe wie möglich kommen will, mit Pfeil und Bogen klappt es dann doch nicht so. Wie sie sich aber diesem Thema nähert, ihre ersten Opfer beweint, um dann umso mehr Unverständnis für Jäger aufbringt, denen es ausschließlich um die Jagd, nicht um das Fleisch geht, das ist bemerkenswert. Kälte, Regen, Schnee, Gewitter, all diese ungemütlichen Wetterlagen auszuhalten, ohne das irgendwo eine heiße Dusche und ein warmes Bett wartet, es ist schon erstaunlich.
Zunächst beschreibt Lancewood wie sie und Peter die vier Jahreszeiten in der Wildnis erleben. Immer unterbrochen von kurzen Reisen in die nächstgelegene Stadt, um neue Vorräte zu besorgen und jede Jahreszeit an anderen Orten zu verbringen. In dieser Zeit lernen sie auch Menschen kennen, die ihnen von weiteren schönen Orten erzählen und ihnen ihre Hütten zum Übernachten anbieten. Was sie in den folgenden Jahren immer wieder machen. So lernen sie Neuseeland aus ganz anderen Perspektiven kennen. Sie leben vom Ersparten, manchmal reist die Autorin in einen Ort und trägt ihre selbst verfassten Lieder vor. So kommen sie zu Geld, um sich die nächsten Lebensmittel, die meist sehr karg und einseitig erscheinen, zu besorgen.
Die meisten Kräfte hatte aber sicherlich die für mehrere Jahre angelegte dreitausend Kilometer lange Wanderung auf dem Te Araroa Trail gekostet. Oft andere Wege suchend als die vorgegebenen, so gut wie nie in den angegebenen Hütten oder Campingplätzen schlafend sondern im eigenen Zelt, die Autorin will es immer wieder wissen, sich den Naturgewalten hingeben und so mehr zu sich finden und zu ihrer wahren Natur. Zugegeben, für mich ist es nichts. Das ihnen nicht sehr viel passiert ist, sie mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit die doch schwierigen Wege gemeistert haben, es grenzt an ein Wunder.
Viele ihrer Absätze beginnen mit „Eines Tages … Eines Abends … Eines Nachmittags“ an. Unglaublich viele Abenteuer bestehen sie und Peter. Jeden Tag auf der Suche nach trockenem Holz, damit sie sich Tee kochen, Brot backen, eine warme Mahlzeit zubereiten können. Egal ob Winter, es wie aus Eimern regnet, sie durch Unwetter von jeglicher Stadt oder Einkaufsmöglichkeit abgeschnitten sind. Natürlich ist es spannend ihre Geschichte zu lesen, über ihr Leben, das so anders ist als alles andere, was ich bisher kannte. Aber auch dieses ist nicht möglich ohne die „normale“ Welt. Bereits in unseren Breitengraden ist es nicht einfach, nur im Wald zu überleben; wie mag es dann sein,bei einer Tour über Bergketten im Schnee mit einem Zelt als Zimmer, und das über Wochen und Monate.
Vielleicht erfahren wir mehr in einem weiteren Band, was aus ihr und Peter wurde.