Rezension

Wichtiges Thema

Nah am Wasser -

Nah am Wasser
von Christin Friedrichsen

Bewertet mit 4 Sternen

Karens Tochter Nelly ist enttäuscht, mit dem versprochenen Urlaub mit ihrem Vater wird es nichts und auch ihre Freundin muss ihr absagen. Karen fährt mit ihr an die Mecklenburgische Seenplatte, obwohl sie ein wichtiges Projekt betreut. Doch in der idyllischen Natur geschieht das, was das Energiebündel Karen nicht für möglich gehalten hätte: ihr Körper macht nicht mehr mit und Karen taucht einfach ab.

Christin Friedrichsen schreibt schon seit ihrer Kindheit Geschichten und Bücher. Die Idee zu ihrem Romandebüt entspringt ihrem eigenen Leben, denn während eines Urlaubs wurde die Familie von beruflichen Angelegenheiten eingeholt. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Niedersachsen.

Christin Friedrichsen schreibt einen gut lesbaren Stil. Ihre Protagonisten sind lebendig und gut vorstellbar beschrieben. Karen, die allein erziehende Mutter ist Partnerin einer Event-Agentur und sehr perfektionistisch. Es wird schon auf den ersten Seiten klar, dass Karen es allen recht machen will und daran scheitern muss. Ihre 16jährige Tochter Nelly ist ein pubertierender Teenager und Großstadtpflanze. Sie ist von der Aussicht auf eine Woche Camping-Urlaub am See nur mäßig begeistert, zumal sie ahnt, dass ihre Mutter ihre Arbeit wichtiger nimmt als ihre Tochter.

Der von einem urigen Typen namens Det geführte, etwas verwahrloste Campingplatz mit schlechtem wlan-Netz trägt nicht dazu bei, Nellys Stimmung zu heben. Bald jedoch wird sie Dets großes Herz zu schätzen wissen. Und dann gibt es noch die gastfreundlichen Dauercamper Heinz und Margot, deren Leben nicht das ist, was es zu sein scheint. Allerdings habe ich sie mir nach den Beschreibungen zu Beginn sehr viel älter vorgestellt, denn diese passen überhaupt nicht zu einer 64jährigen der Gegenwart. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich nicht gebraucht fühlen, denn als sie das ändert, ändert sich auch das Verhalten.

Als Karen zusammenbricht, wächst Nelly über sich hinaus. Sie entpuppt sich als taffes Mädchen, das im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht zögert, um Unterstützung zu bitten, als sie und vor allem Karen sie dringend brauchen. Nelly weiß, was sie will und findet gute Lösungen für sich.

Die Geschichte wird spannend erzählt. Nachvollziehbar ist, dass Karen völlig abtauchen und aus ihrem bisherigen Leben fliehen will. Natürlich ist klar, dass dies nicht so einfach ist, wie es sich anhört. Ich bezweifele auch, dass ein oder vielleicht zwei Gespräche mit einem engagierten Hausarzt ausreichen, der sich sehr viel Zeit für Karen nimmt. Danach plant Karen ihr weiteres Leben genauso wie vorher: allein, sehr effizient, mit allen Methoden, die ihr dank ihrer Tätigkeit zur Verfügung stehen. Das ist mir etwas zu einfach dargestellt und geht mir etwas zu schnell, ebenso wie die danach erfolgende Umsetzung, auch wenn der Zeitablauf etwas unklar bleibt. Sehr schön beschrieben ist jedoch, was passiert, wenn jemand jemanden kennt, der jemanden kennt.

Das Cover, das perfekt zum Inhalt passt, macht, genau wie die Beschreibungen, Lust auf einen Besuch der Mecklenburgische Seenplatte, es muss ja nicht unbedingt ein Camping-Urlaub sein.

Fazit: eine gute Idee, ein wichtiges Thema, unterhaltsam umgesetzt