Rezension

Was soll mir das Buch sagen?

Nicht von schlechten Eltern - Meine Hartz-IV-Familie - Undine Zimmer

Nicht von schlechten Eltern - Meine Hartz-IV-Familie
von Undine Zimmer

Bewertet mit 1 Sternen

Wo fange ich nur an? Schon das Cover enthält einen Fehler. In den 1980-ern gab es noch kein Hartz IV (Einführung 2005), das war damals die Sozialhilfe. Frau Zimmer berichtet von ihrem - ja was eigentlich? Schrecklichen? Entbehrungsreichen? - Leben. Für mich liest es sich wie eine Abrechnung mit der Familie und der Kindheit, weder negativ noch positiv.

Ihre Mutter, gelernte Krankenschwester, ist Jahrzehnte ohne Arbeit, ab und an mal eine Maßnahme, an der sie auch Spaß hatte, aber eben nie was festes. Ihr Vater hat nach seinem Studium ebenfalls keinen Job bekommen und ist Taxifahrer geworden. Beide Eltern werden eher als kontaktscheu beschrieben, auch wenn es im Laufe des Buches natürlich nur mit dem fehlendem Geld zu tun hatte, da kann man ja schließlich nicht mal eben einen Kaffee draußen trinken oder mit Freunden essen gehen.
Undine hat m. E. aber dennoch mehr gehabt als so mach anderes Kind! Sie hat Ballettunterricht gehabt, lernte Klarinette spielen und war sogar als Austauschschüler in Schweden.
Wenig Geld haben heißt nicht gleich eine schlimme Kindheit zu haben! Frau Zimmer berichtet aus den 80-ern, wenn ich das jetzt mit heute vergleiche, war das früher eher einfach, da musste man sich noch nicht so wie heute mit den Klassenkameraden vergleichen: wer hat die XBox, wer die WiiU oder nur einen einfachen Nintendo? Wer fährt wie oft und wohin in den Urlaub? Ich bin 1979 geboren. Mein "Erzeuger" war Alleinverdiener und meine Mutter für uns drei Kinder zu Hause. Ich habe auch nicht alles bekommen. Essen, trinken, Klamotten und Geschenke zu Weihnachten/Geburtstag und fertig. Mit 12 hatte ich Nebenjobs um mein Taschengeld (stimmt, das habe ich auch gehabt!) aufzubessern!

Ich frage mich, was aus Undine Zimmer geworden wäre, wäre sie "reich" groß geworden? Hätte sie alles bekommen? Würde sie dann jetzt noch leben oder hätten sie die Drogen zerstört, falsche Freunde ausgenommen oder wäre sie lebensunfähig, weil sie nie gelernt hat, für das, was sie zum Leben braucht, zu arbeiten?!

Ich empfinde das Buch daher als einen Angriff auf Menschen, die arbeiten und auch nur so über die Runden kommen, ihren Kindern nicht jeden Wunsch erfüllen können, aber dennoch alles möglich machen - da hätte ich auch zu Hause bleiben können und mich um meine Kinder hauptberuflich und intensiv zu kümmern, mit AktivPass und allen "Vorteilen", die das andere Leben eben auch haben kann!

Und jeder ist seines eigenen Glückes Schmied - auch ich habe „bessere“ Qualifikationen (formal höhere Bildungsabschlüsse) als meine Eltern, es ging also auch bei mir!