Rezension

Was ist die Hauptsache im Leben?

Die Frau im Mond - Milena Agus

Die Frau im Mond
von Milena Agus

Bewertet mit 5 Sternen

„Was wissen wir also wirklich von den Menschen, selbst denen, die uns am nächsten sind?“

Milena Agus‘ Großmutter ist eine eigenwillige Frau. Ihr Leben lang sucht sie nach der „Hauptsache“  -  nichts anderes als die Liebe - im Leben.  Unverheiratet mit knapp 30 Jahren gilt sie im Heimatdorf auf Sardinien schon als alte Jungfer. Als verrückt ist sie abgestempelt, liebestoll schon als kleines Mädchen. Die Absonderlichkeiten will ihr die Mutter mit Prügel austreiben. Endlich nimmt sie einer zur Frau, zum Glück für die Schwestern, damit diese dann auch endlich einen Mann abbekommen.

In der Ehe erfährt die Frau keine Liebe, am äußersten Rand vom Bett liegen die Eheleute, um sich nicht zu berühren. Lieber geht der Mann ins Bordell. Mit der Zeit arrangieren sich die beiden und um das Geld vom Freudenhaus zu sparen erbringt nun die Ehefrau die“ Leistungen“.

Erst als sie wegen ihres Nierenleidens aufs Festland zur Kur fährt, wo sie den Reduce, den Kriegsheimkehrer mit dem Holzbein, kennenlernt, kann sie erahnen, was romantische Liebe, Zuneigung, Wertschätzung bedeuten kann.

 „…wenn du auch nur das kleinste Zeichen hinterlässt im Leben….“ Spricht sie sich immer wieder eine Gedichtzeile, die der Reduce notiert hat, vor.

Zeit ihres Lebens denkt sie voller Sehnsucht an diesen Mann zurück, bleibt aber bei ihrem Mann, zumal sie bald nach der Kur Mutter wird. Dem Sohn bleibt die Mutter fremd, er erzählt später immer nur vom Vater. Der junge Mann wird begnadeter Pianist und später, als er selbst schon verheiratet und Vater ist, lässt er seine Tochter, die Ich-Erzählerin oft und gerne bei der Mutter. Das Kind entwickelt eine innige Beziehung zur Großmutter, die sie bis zu deren Tod liebevoll begleitet.

Namenlos bleiben die Personen an denen die Geschichte hängt, die Erzählerin, die Großmutter und
 -vater, die Eltern, der Reduce. Nur Personen, an denen die Geschichte nur anstreift, haben Namen.

Ich habe versucht mir das Leben dieser Frau, der Großmutter, vorzustellen, so voller Wehmut und unerfüllten Sehnsüchten, immer daran denkend, welches Leben sie eventuell hätte führen können und es bricht mir fast das Herz dabei. …. „Vor sie hintreten und sagen: Hier bin ich – das Leben das du hättest haben können, aber nicht hattest? Und sie ans Kreuz nageln, die arme Frau? Als hätte sie nicht schon genug gelitten…..“

Und so lebt sie ihr ganzes Leben, neben allen anderen, in ihrer eigenen Welt, ihrer Welt am Mond, mit ihren einzementierten Träumen, wo nicht immer alles ist wie es scheint.

Die Frau im Mond ist ein ganz schmales Buch, gerade einmal 135 Seiten stark und trotzdem trifft es einen mit ganzer Wucht, ich habe es gerne aber nicht glücklich gelesen.

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 16. Juli 2017 um 22:49

Ich liebe diese Autorin auch sehr! Kann Dir auch ihre weiteren Bücher sehr ans Herz legen - GlG aus dem SW nach Wien!