Rezension

Vielversprechende Geschichte, die etwas im Kitsch ertrinkt...

Die Sanguis-Trilogie 1: In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut - Jennifer Wolf

Die Sanguis-Trilogie 1: In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut
von Jennifer Wolf

Pro:
Das Cover gefällt mir sehr, sehr gut! Sehr ansprechend und passend, das lädt direkt zum Lesen ein - leider hat mir das Buch dann nicht annähernd so gut gefallen wie das Cover... (S. "Kontra")
Interessant fand ich, dass Vampire hier keine verwandelten Leichen sind, sondern einfach eine eigene Spezies.Vampirismus wird deshalb auch nicht durch Beißen verbreitet, sondern die Vampire pflanzen sich ganz normal fort, indem sie Kinder bekommen. (Auch wenn das wohl eher selten vorkommt - ein Trick der Natur, damit die Vampire sich nicht zu sehr ausbreiten.)

Sehr zugute halte ich der Autorin, dass Miriam und Elias keinem der gängigen Vampirroman-Klischees entsprechen. Besonders Elias, der weder düster-bedrohlich noch unglaublich besitzergreifend und kontrollierend ist, hat so gar nichts gemeinsam mit Edward & Co... Außerdem hat es mir gut gefallen, dass hier mal zur Abwechslung kein Altersunterschied von mehreren hundert Jahren zwischen den beiden liegen - Elias ist tatsächlich erst so alt, wie er aussieht, und damit in Miriams Alter!

Auch die Tatsache, dass ich nicht habe kommen sehen, wer der Drahtzieher hinter der Bedrohung ist, mit der sich die Protagonisten herumschlagen, verbuche ich als positiv.

Kontra:
So gut mir "Feuerherz" von der gleichen Autorin gefallen hat, so enttäuscht war ich von "In Sanguine Veritas". Vielleicht lässt sich am einfachsten sagen, dass mir alles etwas zu viel war - zu überzogen, zu kitschig, zu langatmig, zu bemüht witzig.

An sich mag ich den Humor der Autorin sehr gerne, aber hier hatte ich einfach das Gefühl, dass auf Biegen und Brechen ständig und überall Witze eingebaut wurden, ob es nun gerade passte oder nicht. Über Vieles konnte ich einfach nicht lachen. Besonders Miriams laute, hemmungslose Art nutzte sich für mich schnell ab, und dann hat sie mich leider eher genervt als unterhalten. Aber vielleicht kommt der Humor ja besser bei Lesern an, die näher am Alter der Protagonisten sind?

Miriam und Elias kamen mir in Sprache und Verhalten oft deutlich jünger vor als ihr tatsächliches Alter - und dann gaben sie wieder Liebesschwüre von sich, die mir zu gestelzt und hochtrabend erschienen. Besonders Elias fand ich leider eher ermüdend mit seiner überaus emotionalen Art. Ständig jammert, seufzt, quengelt, wimmert, weint, schluchzt und klagt er... Der Schreibstil krankt ohnehin sehr an Wiederholungen. Viele Verben und Phrasen werden wieder und wieder benutzt - so scheint zum Beispiel niemand essen zu können, ohne dabei zu schmatzen, Miriam kriegt des Öfteren eine meterdicke Gänsehaut... Es wird 169 Mal geseufzt, 47 Mal gejammert, 34 Mal geschluchzt, es fließen 66 Tränen, und so weiter.

Eigentlich passiert in diesem Buch eine ganze Menge, was spannend sein könnte, aber dennoch zog es sich für mich extrem in die Länge - was meiner Meinung nach an den unzähligen, oft kitschigen Liebesszenen lag, die die Handlung immer wieder ausbremsen. Ich mag meine Bücher mit einer guten Dosis Romantik, aber hier war es mir deutlich zu viel. Mein Schatz, mein Hase, mein Kätzchen, mein Liebling... Kein Kapitel vergeht ohne Liebesschwüre, Küsse und Gekuschel, wobei das Geschmuse einerseits teilweise sehr kindlich wirkt und andererseits teilweise schon in Richtung Erotik geht. Das Buch hat mit 599 Seiten eine stolze Länge, und ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass es sich auf die Hälfte straffen ließe, wenn die Liebesszenen ein bisschen zurückgefahren würden. Wobei es bestimmt viele Leser gibt, die sich soviel Romantik wünschen!

Vieles fand ich leider nicht ganz glaubwürdig: Miris Eltern lassen ihre 16-jährige Tochter ohne Weiteres mit Elias in einem Bett schlafen, statt ihn aufs Sofa zu schicken; relativ am Anfang haben Miri und Elias auf einmal Streit ohne ersichtlichen Grund; mal sind die Vampire gefährliche Raubtiere und mal stehen sie Vampirgegnern hilflos gegenüber... Eigentlich haben Elias und seine Schwester erst vor Kurzem Deutsch gelernt und sprechen es dennoch nicht nur perfekt sondern mit genauso vielen Jugendsprache-Ausdrücken wie Miri; Elias bekommt flüssiges Silber gespritzt, dabei schmilzt Silber erst bei 961° Celsius... Miri erbricht sich im Schlafzimmer, geht im gleichen Raum schlafen, ohne sich den Mund auszuspülen, küsst am nächsten Morgen Elias und kommt DANN auf die Idee, das Erbrochene mal wegzuwischen... Und ich fand ein wenig verstörend, wie oft auf Miriams Regelblutung eingegangen wird!

Zusammenfassung:
Mir hat das Buch leider nicht gefallen und ich habe sehr lange gebraucht, um mich durch die 599 Seiten zu arbeiten - aber bei vielen Lesern werden Miris kesse Art und die zahllosen romantischen Szenen sicher besser ankommen.