Rezension

Ungewöhnliche Liebesgeschichte im alten Athen

Xanthippe
von Maria Regina Kaiser

Empfehlenswert für alle, die mehr über den Alltag Athens zu Zeiten des Sokrates wissen möchten.

Das Cover des Buches „Xanthippe. Schöne Braut des Sokrates“ von Maria Regina Kaiser, im Fischer Verlag erschienen, zeigt zwei, fast verdeckte, grafische Symbole. Sie stellen einen Fisch dar. Er "schwimmt" auf blauem Coverhintergrund. Vielleicht ein Hinweis auf die Persönlichkeit des Sokrates als Menschenfänger? Alle gehen in sein Netz, auch wenn er äußerlich nicht dem damals gängigen griechischen Ideal (schwarzhaarig und muskulös) entsprochen hat.

Der erste Teil des Buches beschreibt den Beginn einer bezaubernden Liebesgeschichte im alten Athen, die sich nur langsam entwickelt. Die Liebe zwischen einem jungen Mädchen und einem alten Herrn entspinnt sich mit Hilfe von Erinnerungen aus der Kindheit des Älteren und dessen Wissen, das natürlich die Jüngere beeindrucken muss. Aber auch durch eine gewisse Geborgenheit fühlt sich das kluge Mädchen Xanthippe - die Halbwaise wird vom alkoholkranken Vater und dem geliebten Zwillingsbruder, der an der Front von Syrakus kämpft, allein gelassen - zu Sokrates hingezogen. Irgendwie musste ich dabei an den Film "Harold und Maude" denken, in dem sich ebenfalls zwei unterschiedlich alte Menschen finden. Im Laufe der Zeit spielen auch die klassischen Verführungsfrüchte, Äpfel, eine Rolle in der leichtfüßig erzählten Geschichte. Kaiser spart nicht mit Fachwissen über die damalige Zeit und flechtet die Fakten geschickt in den Erzählfluss. Es macht Spaß, die Geschichte zu lesen und ich bin gespannt, wie sich das ungleiche Paar doch noch finden wird. Denn erst einmal ist die Familie aus mehreren Gründen gegen die ungleiche Verbindung.

Im zweiten Teil des Buches gibt es dramatische Wendungen und Verluste im Leben der jungen Xanthippe. Sie lernt auch ihren Jugendfreund neu kennen, der aus dem Kriegsgeschehen zurückgekehrt ist. Die junge Frau muss sich zwischen zwei Männern entscheiden, während sie auf eine Nebenbuhlerin besonderen Ausmaßes trifft. Ich fand das Ende überraschend und interessant gelöst. Durch die Lektüre habe ich sehr viel über die Zeit des Sokrates gelernt und trotzdem hat die Geschichte nicht an Spannung eingebüßt. Eine wunderbare Möglichkeit, wie es hätte sein können. Eine glaubwürdige Geschichte, mit viel Liebe zu geschichtlichen Details. Man merkt, dass die Autorin vom Fach ist. Dennoch ist das Lesen ein besonderes Vergnügen, denn sie besitzt die Gabe, alles vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Ich habe mich sehr gefreut, die lebenshungrige und wissensdurstige Xanthippe kennenlernen zu dürfen.

Schön, dass im Nachwort die wirklich existierenden Personen und vermuteten Verwandtschaftsverhältnisse genannt werden. Auch finde ich interessant, dass Kaiser beschreibt, warum sie sich bewusst gegen die andere mögliche Version entschieden hat. Myrto wird ja zuweilen als zweite Frau des Sokrates eingeordnet und nicht Xanthippe.

Ich kann das Taschenbuch nur jedem wärmstens ans Herz legen, der mehr über den Alltag, die Sitten und Gebräuche Athens während des Krieges gegen Syrakus wissen möchte.