Rezension

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...

Wege nach innen - Hermann Hesse

Wege nach innen
von Hermann Hesse

Bewertet mit 5 Sternen

Hesse zum Meditieren. Ein Inselbuch (wie viele andere) fürs Auge mit Druck- u. handschriftlichen Druckwiedergaben der Texte von Hesse. Ein besonderes Geschenk für Freunde des Dichters und Denkers.

Siegfried Unseld stellt in diesem Band die Gedichte von Hermann Hesse vor, die ihn in seinem Leben begleitet haben. Neben den schönsten Naturgedichten und Hesses zeitloser Gedankenlyrik ("Glück", "Im Nebel", "Stufen") enthält die Auswahl auch Gedichte über die Musik. Hesses Gedichte lösen ein, was er über den Impuls, sie zu schreiben, sagte: "Alle Lyrik ist Spiegelung der Welt im vereinzelten Ich, Antwort des Ich auf die Welt, ist Klage, Besinnung und Spiel einer ganz und gar bewußt gewordenen Vereinsamung." Wiedergaben der Handschriften und farbig reproduzierte Aquarelle des Dichters lassen den Band zu einer bibliophilen Kostbarkeit werden.

Blauer Schmetterling

Flügelt ein kleiner blauer
Falter vom Wind geweht,
Ein perlmutterner Schauer,
Glitzert, flimmert, vergeht.
So mit Augenblicksblinken,
So im Vorüberwehn
Sah ich das Glück mir winken,
Glitzern, flimmern, vergehn.

Eine sehr schöne Ausgabe der 'Insel-Bücherei' halte ich hier in meinen Händen. Klein und handlich mit festem Einband, werden hier 25 der für Unseld schönsten Gedichte Hesses präsentiert. Diese gebundene Edition ist mit Abdrucken der handschriftlichen Originalfassungen einiger Gedichte und mit reproduzierten Aquarellen Hesses darüber hinaus sehr schön aufgemacht - wahrlich eine kleine Augenweide.

Im Nebel

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamkeit.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Bei der Gegenüberstellung des gedruckten Textes einerseits und der handschriftlichen Originalfassung andererseits fällt auf, dass an manchen Stellen der Text leicht geändert wurde. Anfangs vermutete ich einfach einen Druckfehler, doch als die Stellen sich mehrten, ahnte ich doch eine Absicht dahinter. Mir ist allerdings noch nicht bewusst welche. Ist das nicht eine grobe Verfälschung der Gedichte, wenn plötzlich von seiten des Verlages eigenmächtig Worte ausgetauscht werden?

Ein Gedicht zu lesen, ist von
allen literarischen Genüssen
der schönste und reinste

H. Hesse

Den Anhang fand ich durchaus interessant. Ein Brief des Literaturnobelpreisträgers Hesse an seinen Sohn Martin ist dort abgedruckt, in dem es um die Rolle von Gedichten und Dichtern geht, und Siegfried Unseld erläutert, weshalb er sich gerade für diese 25 Gedichte Hesses entschieden hat.

Insgesamt war es mir ein Genuss, durch diesen Band zu streifen, und sicher wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich in Hesses Gedichte eintauchte...

© Parden