Rezension

Umgeschubste Schafe bleiben hier einfach liegen.

Westfalen - Als Leo Frida suchte und Pumpernickel fand - ein Heimatbuch - Mischa-Sarim Vérollet

Westfalen - Als Leo Frida suchte und Pumpernickel fand - ein Heimatbuch
von Mischa-Sarim Vérollet

Bewertet mit 4 Sternen

Leo folgt seiner Ex-Freundin Frida auf ihrer Tour durch Westfalen -sie möchte gerade eine Auszeit nehmen, einfach mal raus aus allem, ist in der Beziehung wohl nicht mehr wirklich glücklich. Leo, absolut fassungslos, will um sie kämpfen und so folgt er ihr auf die Reise nach Westfalen - die eigentliche Reise sollte nach Thailand gehen... Mit der Zeit findet er Gefallen an diesem Land, dem eigenbrötlerischen Volk, den interessanten westfälischen Gerichten und dem "Dialekt".

Haaaach, was habe ich mich auf dieses Buch gefreut. Ich mag Westfalen. Ich mag Westfalen sogar total gerne. Entsprechend war ich gespannt, was ich im Buch noch über dieses nette Volk erfahren würde. Und da wurde ich sehr gut unterhalten.

Generell fand ich die Idee der Geschichte gut, denn Leo reist seiner Ex-Freundin Frida hinterher, weil er sie zurück haben will. So kommt er ja nach Westfalen, lernt immer wieder neue Leute kennen (ich würde das ja gleich mal aufs westfälische Volk, das doch recht weltoffen ist, projizieren), erfährt einiges über die jeweiligen Städte, die Umgebung und auch noch Historisches.

Den Aufbau finde ich hier richtig toll - so werden die Städte dann noch von "Insidern" kurz vorgestellt, in Bielefeld gibt beispielsweise Casper (Musiker) ein paar Infos preis, die Lieblingskneipe, den Lieblingsclub, einen Entspannungstip bzw. -ort, eine Klamottenladen-Empfehlung sowie die Lieblingsgaststätte(n). In Münster ist es beispielsweise Andy Strauß (Autor und Aktionskünstler, Slammer), in Dortmund Nachtfalke (DJ). Die Insidertipps sind immer in grau hinterlegten "Kästen" zu finden, heben sich also deutlich vom Text bzw. der Geschichte ab.

Außerdem sind auch weitere Infos über die jeweilige Gegend bzw. örtliche Besonderheiten (Salzkuchen) in grau hinterlegten Kästen zu finden, was ich sehr gut finde. Immer wieder findet man auch nochmal Tipps, was sich sonst noch so in der Nähe befindet (In Münster beispielsweise: Allwetterzoo (4,1km), Ibbenbüren-Aaasee (ca. 49km).

Was ich wirklich recht lustig fand, ist die Tatsache, wer so an welchen Orten auftauchte. In Münster beispielsweise hört man mal kurz was von einem St. Pauli-Tshirt-Träger, wer hier gemeint ist, sollte dem gebildeten TV-Publikum eigentlich klar sein. (Müüüüünster. Muss ich noch was sagen? ;) )

Meiner Ansicht nach ist auch ein gewisser Slammer im Buch öfter beschrieben, ohne dass je sein Name fällt. Hier würde es mich wirklich mal interessieren, ob das beabsichtigt ist, möglicherweise hier was verarbeitet wurde oder eben einfach mal so der Phantasie entsprungen ist. (Ich mag hier nicht genauer darauf eingehen, vielleicht liest der ein oder andere das Buch ja noch.)

Mich hat das Buch auf alle Fälle gut unterhalten, teilweise musste ich richtig laut lachen (Nein, ich möchte nicht wissen, was andere Menschen dann denken...), öfter auch schmunzeln, habe aber auch wirklich noch einiges über Westfalen erfahren. Im Endeffekt hat man hier einen recht flippigen, jungen Reiseführer, der natürlich nicht wie ein Marco Polo etc. aufgebaut ist, aber hier erhält man auch mal andere Tipps. Selbst ein Lesezeichen enthält das buch - hier sind 10 Handlungen beschrieben, mit denen man in jedem Fall auffällt ("Autofahren in Münster", "Schalke-Trikot in Dortmund tragen").

Was mir noch sehr gut gefallen hätte: Eine aufgedruckte Westfalen-Karte, damit man sich das ganze auch mal während man liest, mal angucken kann, von wo es dort nach wo geht, die Reiseroute nachvollziehen kann. Das fand ich ein bißchen schade. Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass man manches noch ein bißchen witziger hätte formulieren können... und manchmal sind kleine Details nicht erwähnt, die ich (für mich) als interessant erachte. So zum Beispiel in Soest, dort gabs das erste Pumpernickel, von der dortigen Allerheiligen-Kirmes ist allerdings gar nicht die Rede. (Dabei ist die richtig toll, finde ich!) Wahrscheinlich ist die Kirmes noch zu "normal", ebenso das Drei-Hasen-Fenster in Paderborn, das keine Erwähnung findet.

Alles in allem wurde ich hier gut unterhalten, habe noch einiges über mein liebstes Bundesland (nach Franken *hüstel*) erfahren, konnte in Erinnerungen an eigene Westfalen-Besuchen schwelgen. Wer auf gute Literatur steht, die schon ein bißchen herausfordern ist, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.

Ich vergebe hier 4 von 5 Sternen und spreche unbedingt eine Empfehlung aus.