Rezension

Tot ist tot und wenn schon tot, dann bitte mit Auszahlung der Lebensversicherung!

Meuchelbrut - Dorothea Böhme

Meuchelbrut
von Dorothea Böhme

Bewertet mit 5 Sternen

Der 84-jährige Glenn Hinrichsen ist der Familienpatriarch der Familie Hinrichsen. Ihm gehört das Herrenhaus in Lendnitz, in dem seine Sippschaft lebt. Er selbst sitzt im Rollstuhl, obwohl er auf diesen gar nicht angewiesen ist, was seine Familie aber nicht unbedingt wissen muss. Zur Familie gehören außerdem sein 89-jähriger Halbbruder Hermann, von allen nur "Opa" genannt; dessen verwitwete 43-jährige Schwiegertochter Roswitha, "Mutter" genannt; deren 21-jähriger Sohn Michael; ihre 16-jährige Tochter Gesine samt Vogelspinnen-Haustier; die 36-jährige Frieda, Opas jüngste Tochter; die 81-jährige Martha, Glenns Schwester; die 49-jährige Hilde, Opas Cousine und als einzige nicht wohnhaft im Herrenhaus und natürlich Harald.

 

Eben jener Onkel Harald, genannt Harry, bringt die Familie in eine missliche Lage, denn er begeht Selbstmord und sofort ist allen klar: Bei Selbstmord zahlt doch die Lebensversicherung nicht. Immerhin hatte Familie Hinrichsen in den letzten Jahren einige tragische Todesfälle zu verzeichnen, allesamt Unfälle, sodass es bisher mit den jeweiligen Lebensversicherungen nie Schwierigkeiten gab, hier sieht es bei einem Selbstmord natürlich ganz anders aus. Prompt wird beschlossen einen Einbruch zu fingieren, um es nach Mord aussehen zu lassen, denn tot ist tot und wenn schon tot, dann bitte mit Auszahlung der Lebensversicherung. Soweit so gut, doch tatsächlich glaubt Familienoberhaupt Glenn nicht an einen Selbstmord, sondern Mord und ihm ist klar: er ist der nächste! Immerhin hat er in seinem Schreibtisch sein Testament gefunden - das Problem dabei: Er hat gar keines geschrieben. Für ihn steht fest, seine mörderische Sippschaft hat es auf ihn abgesehen!

 

Tatsächlich gelingt es Familie Hinrichsen mehr schlecht als recht einen Einbruch mit Mord vorzutäuschen, was allerdings Fritz Reichel, Chefinspektor der örtlichen Polizei und seinen übereifrigen Assistenten Huber auf den Plan ruft. Fritz hat so gar keine Lust, sich mit dem Fall zu befassen, immerhin steht er eine Woche vor seiner Pensionierung und wollte nur noch in Ruhe seine Zeit absitzen und sein Assistent raubt ihm sowieso den letzten Nerv. Doch Pflicht ist Pflicht und schon bei der ersten Begegnung mit der Familie muss er feststellen, dass diese so gar nicht wie eine trauernde Gemeinschaft wirkt, ja schlimmer noch, "Mutter" versucht sich doch glatt ihm an den Hals zu werfen und dass, wo sich die Leiche von Harry noch im Zimmer befindet. Reichel will eigentlich nur eines: Ganz weit weg von dieser Familie. Doch nicht nur die Polizei ruft dieser ungewöhnliche Einbruch auf den Plan. Auch Marie Schwerdtfeger, Angestellte bei eben jener Versicherungsgesellschaft, bei der Harry seine Lebensversicherung laufen hatte, will um jeden Preis die ihr zustehende Beförderung und beschließt, in diesem ungewöhnlichen Fall undercover im Haus zu ermitteln. Tatsächlich gelingt ihr das problemlos, nur hat sie nicht mit Familie Hinrichsen gerechnet ...

 

 

Tot ist tot und wenn schon tot, dann bitte mit Auszahlung der Lebensversicherung! Der Plot wurde ausgesprochen skurril, spannend und abwechslungsreich erarbeitet. Ich muss gestehen, ich habe mit allem gerechnet, jedoch nicht mit den herrlich unerwarteten Wendungen, die das Buch für mich auf Lager hatte. Die Figuren wurden facettenreich erarbeitet, wobei bei mir immer nur im Hinterkopf gelauert hat - oh bitte, lass mich solche Menschen niemals im wirklichen Leben kennenlernen, denn wer die Familie Hinrichsen erlebt hat, ist reif für einen Seelenklempner. Den Schreibstil empfand ich geradezu als berauschend zu lesen, ich konnte und wollte partout nicht aufhören, ich wurde von Familien Hinrichsen und ihren Taten einfach göttlich unterhalten. Abschließend kann ich sagen, dass es sich bei diesem Buch definitiv um einen Krimis abseits der gewohnten Masse handelt, der mit vielen unerwarteten Wendungen und einfach nur faszinierenden Figuren aufwartet - davon hätte ich sehr gerne mehr.