Rezension

Thema spannend, sensibel und respektvoll umgesetzt

Tell Tale. Das verbotene Zimmer, englische Ausgabe - Sam Hayes

Tell Tale. Das verbotene Zimmer, englische Ausgabe
von Sam Hayes

Bewertet mit 5 Sternen

Drei Personen, deren Schicksal enger miteinander verbunden ist, als der Leser auf den ersten Blick erkennen kann:

Die kleine Ava Atwood, deren Mutter verstarb und deren alkoholkranker Vater sie mit acht Jahren ins Kinderheim bringt. Bald bemerkt sie, dass dort unaussprechliche Dinge vorgehen: Kinder werden nachts weggeholt und kehren entweder gar nicht zurück oder aber wirken traumatisiert...

Nina Kennedy, die eine Firma für Special Effects betreibt, mit ihrem Mann Mick, einem Künstler, und ihrer 15-jährigen Tochter Josie glücklich zusammenlebt. Vermeintlich glücklich, denn sie ist nicht die, für die sich ausgibt und bald holt sie ihre düstere Vergangenheit ein und sie gerät in große Gefahr.

Francesca Gerrard, die gerade ihre Arbeit in einem Internat aufgenommen hat und sichtlich bemüht ist, ihre Vergangenheit unter Verschluss zu halten.

Das Buch beginnt mit dem Selbstmord einer jungen Frau, die keinen anderen Ausweg mehr sieht, als „von der Bildfläche zu verschwinden“. Später erfährt der Leser, dass dieser Selbstmord alles Andere als freiwillig geschah und rasch wird klar, wer diese Frau ist, die anfangs nicht namentlich erwähnt wird.

Sam Hayes erzählt abwechselnd von den drei Frauen bzw. den beiden jungen Frauen und dem kleinen Mädchen und man fühlt sich als Leser gleich mittendrin. Eigentlich mag ich es nicht, wenn so rasche Perspektivwechsel vorherrschen, aber hier macht das durchaus Sinn und hält die Spannung aufrecht, denn Hayes verrät nie zuviel, lässt sich den Leser durchaus auch selbst etwas zusammenreimen, wenn auch nur in kleinem Rahmen.

Positiv fand ich, dass sie die Missbrauch-Szenen nicht zu detailliert geschildert hat, denn diese wirken auch so äußerst verstörend, da bedarf es keiner deutlicheren Worte mehr.

Die Verwebung der drei Hauptakteurinnen hat mir gut gefallen, das habe ich so noch in keinem Krimi gelesen. Eine gute Idee, spannend umgesetzt. Man fiebert die ganze Zeit mit und wünscht sich Gerechtigkeit für die Kinder und auch in Teilen Rache für die Protagonisten...

Das Thema ist leider immer noch sehr aktuell und wird es leider vielleicht immer sein. Sam Hayes begegnet dem Thema vorsichtig und umsichtig, beschönigt nichts, schockt den Leser aber auch nicht zu sehr. Dieser Respekt vor dem Thema hat mir sehr gefallen, das hat sie gut gelöst.

Das Cover finde ich auch sehr treffend: nicht zu übertrieben, aber das kleine Mädchen passt zur Geschichte. Man könnte sagen, ein verlassenes Zimmer wäre hier treffender gewesen, aber ich bin der Meinung, dass der Schrecken auch so hinreichend beim Leser ankommt: dadurch dass das kleine Mädchen nach unten schaut, spiegelt es in meinen Augen gut die Angst und Verzweiflung wider, die die Kinder erleiden mussten/müssen.

Das Ende des Buches fand ich nochmal ein wenig überraschend, mit einer Wendung hatte ich so nicht unbedingt gerechnet. Dass die Autorin das gut versteckt hat bis kurz vor Schluss, macht „Das verbotene Zimmer“ zu einem sehr guten Krimi, den ich atemlos gelesen habe und weiterempfehlen werde !