Rezension

Stürmische Zeiten

Sturm über Rosefield Hall - Julie Leuze

Sturm über Rosefield Hall
von Julie Leuze

Klappentext:
Grafschaft Devon 1913: Ruby, die 18-jährige Tochter von Lord und Lady Compton, wächst sehr behütet auf dem elterlichen Herrensitz Rosefield Hall auf. Als der attraktive Cyril Brown aus London anreist, um den Sommer auf dem nahen Tamary Court zu verbringen, fühlen die beiden sich auf Anhieb zueinander hingezogen und Ruby verliebt sich zum ersten Mal in ihrem Leben. Doch Rubys Eltern sind strikt gegen eine Verbindung mit dem nicht adeligen jungen Mann. Außerdem scheint Cyril ein Geheimnis vor Ruby zu verbergen. Cyril stellt Rubys Leben auf den Kopf, doch plötzlich wendet er sich von ihr ab. Und dann ziehen dunkle Wolken am Horizont auf ...

Die Autorin:
Julie Leuze, geboren 1974, studierte Politikwissenschaften und Neuere Geschichte in Konstanz und Tübingen, bevor sie sich dem Journalismus zuwandte. Mittlerweile widmet sie sich ganz dem Schreiben von Romanen für Erwachsene und Jugendliche. Ihr Buch "Der Geschmack von Sommerregen" wurde als bester deutschsprachiger Liebesroman des Jahres 2013 mit dem "DeLiA-Award 2014" ausgezeichnet.
Julie Leuze lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Stuttgart.

Meine Meinung:
Das Leben der achtzehnjährigen Ruby ist beschaulich. Sie lebt auf Rosefield Hall, dem Landsitz ihrer Familie, zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder Basil.
Ihr anderer Bruder, Edward, betreut eine Erdnussplantage in Gambia. Ruby vermisst ihn schmerzlich, und als er zu Besuch kommt, ist die Freude groß. Und noch etwas geschieht in Rubys Leben: Sie läuft im Wald einem Fremden, Cyril, über den Weg, der sich Mr. Brown nennt. Fortan ist Ruby Miss Green, denn die beiden scheinen sich auf magische Weise angezogen zu fühlen und treffen sich heimlich, ohne zu verraten, wer sie sind.
Doch über Rosefield Hall beginnen mit der Ankunft Cyrils Wolken zu ziehen, denn Ruby ahnt nichts davon, was draußen in der Welt geschieht. Hat die aufkeimende Liebe der beiden eine Chance?
Und welche Rolle spielt Cyrils Schwester Alice, die mit ihm nach Devon kam, um die Vergangenheit weit hinter sich zu lassen?

Julie Leuze greift in diesem Buch viele Themen auf: So kommt auch Florence, eine Bedienstete zu Wort, und man sieht durch die Augen von ihr das, was von einer Angestellten in einem Haushalt des Adels verlangt wird. Das erinnerte mich ein bisschen an "Downton Abbey".
Die Sklaverei findet Gehör, das brisante Thema Eugenik oder sexuelle Gewalt. Und das ist noch nicht alles.
Ich bin kein Fan von Historischen Romanen, lese sehr sehr selten einen, aber dieser hier hat mich völlig in seinen Bann gezogen.
Von der Autorin kenne ich einige Jugendbücher und bin immer wieder fasziniert, wie sie die Charaktere trifft, wie sie eine Geschichte niederschreibt, in die der Leser völlig abtauchen und mitfühlen kann. So auch hier.

Am Wunderbarsten fand ich, dass es um starke, selbstbestimmte Frauen geht, die zum Teil nicht einmal ahnten, wie energisch und lebensbejahend sie sein können - ob mit oder ohne Mann an ihrer Seite. Denn eine unabhängige Frau definiert sich nur durch sich selbst und nicht durch eine männliche Stimme, die ihr entweder sagt, was sie tun soll und darf, oder die ihr zur Seite steht (auch wenn das natürlich der Idealfall damals war und auch heute ist). Das, was eine Frau ausmacht, kommt aus ihrem Inneren - das vermittelt der Roman, und gerade das fand ich so bemerkenswert.
Die Liebesgeschichte bestimmt nicht den Mittelpunkt, sondern hat genauso viel Gewicht wie all die anderen Themen. Man fühlt mit Ruby und ihrer ersten Verliebtheit mit, und verabscheut Basil, ihren widerlichen Bruder zutiefst. Gefühlschaos pur auf jeder Seite.

"Sturm über Rosefield Hall" beschreibt den Umbruch, den eine junge Frau durchlebt, umgeben von anderen Schicksalen, die vermuten lassen, dass im Leben Stärke und Selbstbestimmung erforderlich sind, um an sich zu glauben und etwas zu ändern.

Der Schreibstil katapultiert den Leser in das Jahr 1913, mit all seinen Facetten, Ereignissen und Wertvorstellungen.

5 Sterne.