Rezension

Spannende Fantasy ohne World Building

Truthwitch - Susan Dennard

Truthwitch
von Susan Dennard

Safiya und Iseult sind beste Freundinnen und zwei Hexen, die in den Witchlands (Hexenländer?) leben. Safiya ist eine Truthwitch, sie erkennt, ob jemand die Wahrheit sagt oder lügt. Iseult ist eine Threadwitch, sie sieht die „Lebensfäden“ von Personen, erkennt deren Gefühle und Beziehungen zu anderen Menschen. Eigentlich wollen die beiden nichts anderes als sich ein Haus zu kaufen und frei in Frieden zu leben. Damit wird es aber leider nichts, da die beiden in ein Komplott hineingezogen werden, das größer ist, als sie sich jemals vorstellen konnten, und plötzlich befinden sie sich auf der Flucht.

Meinung:

Was mir sehr gut an dem Buch gefallen hat, ist die Beziehung zwischen Safi und Iseult. Es ist sehr erfrischend, ein Buch zu lesen, in dem zwei beste Freundinnen die Protagonistinnen sind. Das hat mich leicht an „Vampire Academy“ erinnert, da auch hier eine enge Bindung besteht, die über eine normale Freundschaft hinausgeht. Mit Safi konnte ich nicht viel anfangen, da sie das typische „special snowflake“ ist, der Hitzkopf, der ständig falsche und egoistische Entscheidungen trifft und keine wirkliche Entwicklung im Buch durchlebt. Pluspunkt: Für ihre Threadsister Iseult würde sie alles tun. Sie hat mich ein wenig an Celaena Sardothien aus „Throne of Glass“ erinnert. Iseult ist der faszinierendere Charakter. Sie ist der ausgleichende Ruhepol und ist auch deswegen interessant, da sie von einem Volk abstammt, das von anderen geächtet wird, weswegen sie konstanter Diskriminierung ausgesetzt ist. Mir haben ihre PoVs wesentlich besser gefallen, da sie mehr Tiefe hatten.

Die beiden männlichen Charaktere sind kaum der Rede Wert. Den Prinzen bekommt natürlich special Safi ab, bei dem anderen lässt sich eine Beziehung zu Iseult erahnen. Die Romanze zwischen Prinz Merik und Safi war zum Teil Insta-Love, zum Teil aber auch ein Katz-und-Maus-Spiel, was mir ganz gut gefallen hat. Hier wurde nicht gleich der Rest der Welt vergessen, nur um zusammen sein zu können, sondern beide haben sich weiter auf ihre Pflichten besonnen und sich nicht von ihrem Ziel abbringen lassen. Mit Aeduan, dem/der Bloodwitch, der auf Safi angesetzt wurde, bin ich nie ganz warm geworden. Ich konnte nicht einschätzen, was seine Absichten sind, ob er nun der Feind ist oder nicht.

Das World Building ist… ein schwieriges Thema. Es gibt ein komplexes Land mit einer komplexen Karte und einer noch komplexeren Hierarchie und Politik. Leider wurden diese nie erklärt. Die Autorin wirft mit Begriffen wie „Emperor“, „Domna“ oder „Prince“ um sich, aber ich habe nie herausgefunden, welche Positionen diese Leute nun wirklich einnehmen oder in welchem Zusammenhang diese Personen zueinander stehen.

Das Land, das wohl Europa in irgendeiner Form darstellt (es gibt Venaza City, eine Stadt, die wie Venedig sein soll), ist in verschiedene Gebiete aufgeteilt, die Krieg geführt haben, dann gab es einen Waffenstillstand und dieser steht nun kurz vor dem Ende. Warum gab es Krieg? Warum dauert der Waffenstillstand 20 Jahre? Was sind die Absichten der verschiedenen Herrscher? Es ist von Göttern die Rede, aber wie viele verschiedene Glaubensrichtungen gibt es? Warum ist eine Truthwitch so viel bedeutender als Hexen, die Wind, Wasser oder Feuer beeinflussen können? Und warum werden die Nomatsi, das Volk, von dem Iseult abstammt, eigentlich so geächtet? Leider wird nichts erklärt und irgendwann habe ich den Versuch aufgegeben, den Machenschaften und Motiven der einzelnen Völker zu folgen. Politik schön und gut, aber wenn ich mit zu viel davon bombardiert werde und es kaum Erklärungen dazu gibt, schalte ich irgendwann ab. Ich war es auch bald Leid, alle paar Seiten wieder zur Karte blättern zu müssen, um zu verstehen, vom welchem Gebiet/Herrscher gerade die Rede ist.

Trotzdem war das Buch sehr spannend und kurzweilig. Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, hätte ich es  sicher schneller beendet. Man spürt richtig, dass die Protagonisten auf der Flucht sind, zum Teil habe ich mich aber selbst etwas abgehetzt gefühlt und ich wusste auch gar nicht, wer in welche Richtung läuft und zu welchem Zweck das alles passiert, da ich - wie gesagt - irgendwann einfach ausgestiegen bin.

Wer also spannende Fantasy mit (zum Teil) starken Charakteren und Beziehungen lesen möchte und dabei weniger Wert auf das World Building und einen ausgereiften Plot legt, sollte hier zugreifen. Mir persönlich haben der Tiefgang und letztendlich auch ein Ziel gefehlt, auf das das Buch hinauslaufen soll.