Rezension

Spannend, aber unsympathische Charaktere

Das gute Kind - Helge Thielking

Das gute Kind
von Helge Thielking

Bewertet mit 3 Sternen

Vor 18 Jahren erschütterte der Mord an einer Mutter und ihrer wenige Monate alten Tochter die Öffentlichkeit. In einem Indizienprozess wurde der mutmaßliche Mörder zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Fast zwei Jahrzehnte später steht eine junge Frau vor der Tür der suspendierten Kriminalkommissarin Femke Sundermann und behauptet, das Baby von damals zu sein. Woher kommt die mysteriöse Frau? Sagt sie die Wahrheit? Entgegen aller Ratschläge rollt Femke den abgeschlossen geglaubten Kriminalfall wieder auf. Die Entdeckungen sind so unglaublich, dass dafür mehrere Menschen mit dem Leben bezahlen müssen ...

Auf dem Cover sieht man einen toten Vogel. Dieses Motiv wiederholt sich auch auf der Rückseite und den Innenseiten des Buches. Als ich mit dem Buch fertig war, habe ich noch einmal darüber nachgedacht, wie der Vogel mit der Handlung im Zusammenhang stehen könnte. Ehrlich gesagt, erschließt sich das mit leider nicht. So ist zwar ein interessantes Cover, aber der Zusammenhang fehlt eben.

Die Kapitel des Buches sind relativ kurz. Das hat mir recht gut gefallen, da es enorm den Spannungsbogen erhöht hat, aber manchmal auch etwas störend war. So waren viele Seiten auch mit ein paar Zeilen bedruckt, was das Buch natürlich unnötig dick macht, wenn man bei 300 Seiten von dick überhaupt sprechen kann.

Die Erzählform ist fast im ganzen Roman die Ich-Perspektive von Femke Sundermann. Dies wird nur stellenweise unterbrochen von personalen Erzählern von anderen Romanfiguren. Auch das hat mir gefallen, aber es wurde im Verlauf des Romans immer weniger und wirkte relativ willkürlich gewählt.

Das Buch baut einen sehr guten Spannungsbogen auf, was besonders gut durch die kurzen Kapitel gelingt. Auch das Ende habe ich als geschulter Thriller- und Krimileser so nicht erwartet und es kam sehr überraschend. So überraschend allerdings, dass die Handlung nicht darauf hingearbeitet hat, sondern es kam wie ein Knall und wurde in ein paar Seiten abgehandelt und dann war das Buch zu Ende. Bei mir hat es so einige Fragen offen gelassen und manches ist für mich völlig unverständlich gewesen. An sich bin ich ein großer Fan von technischen und wissenschaftlichen Erklärungen. So schreibt Helge Thielking relativ ausführlich über u.a. Obduktionen, Tatortrecherchen und Gesichtserkennungen. Was mich daran störte, ist die Tatsache, dass Helge Thielking kein Mann vom Fach ist, so wie Kathy Reichs. Aus diesem Grund klang es für alles relativ abgeschrieben und hätte an dieser Stelle nicht sein müssen. Romane kommen auch ohne fachliche Erklärung aus.

Was mich am meisten an diesem Roman gestört hat, war die Hauptperson Femke Sundermann. Der Leser erfährt zu Anfang, dass Femke gerade einen schweren Verlust erleiden musste. Solch einen Frauenrolle kommt ja in so einigen Roman vor. Dennoch spielt dieser Verlust überhaupt keine Rolle für die eigentliche Handlung. Da Femke bereits ihre Freundin und dessen Baby vor 18 Jahren verloren hat, fand ich das an der Stelle einfach auch zu viel des Guten. Ich gehe eher davon aus, dass Femke hier eine gebrochene Frau darstellen sollte. Thielking gelingt es aber nicht diese stringent durch den ganzen Roman durchzuziehen. Ich fand die Darstellung ab Mitte des Romans nicht mehr authentisch und man spürte auch nichts mehr von ihrem Leiden und ihrer Trauer im weiteren Verlauf des Romans. Das ging mir auch vielen anderen Charakteren so. Femke selber ist Hauptkommissarin bei der Polizei, wenn auch suspendiert. Dennoch greifen sowohl sie als auch ihr Kollege zu sehr unkonventionellen Ermittlungstechniken, welche sehr ich fragwürdig fand und natürlich kommen beide damit durch. Für meinen Geschmack alles ziemlich rosarot und unrealistisch. Auch der Ton ist sehr derb und aggressiv in einigen Dialogen. Anfangs fand ich das noch erfrischend, gegen Ende hat es mich nur noch genervt. Zusammenfassend fand ich alle Charaktere recht oberflächlich und wenig authentisch dargestellt. Ich mochte keinen wirklich gerne.

Zusammenfassend hat das Buch für die Handlung, auch wenn es einige Ungereimtheit gab, eigentlich 4 Sterne verdient. Die Handlung war unvorhersehbar und sehr komplex. Ein Stern Abzug für die deplatzierten wissenschaftlichen Erläuterungen und für das abrupte Ende, welchem die nötigen Tiefe gefehlt hat. Ich gebe aber auf Grund der unsympathischen und wenig authentischen Figuren, vor allem der Hauptperson, nur 3 Sterne.