Rezension

Solide, aber nicht der beste Fall für Poggel.

Chrom, Koks und feine Leute
von Monika Detering Horst-Dieter Radke

Bewertet mit 3 Sternen

»Wir haben in dieser Angelegenheit alles abgeklopft und wissen nicht, wo überhaupt noch neu anzusetzen ist.« »Dann klopfen Sie noch mal … Sie meinen, ich sei in dieser Angelegenheit verbissen? Schon wahr. Aber ich weiß, dass ich den Täter finde.«

Mülheim an der Ruhr, in den 1950er Jahren. Noch immer konnte der lang zurückliegende Mord an der Prostituierten Thekla Schmitt nicht aufgeklärt werden. Kriminalinspektor Alfred Poggel, den viel mehr als nur berufliches Interesse mit Thekla verband, will nicht locker lassen. Der Mörder muss gefasst werden! Zeitgleich muss sich Poggels Team aber auch mit dem Fall des in seiner Villa tot aufgefundenen Autohändlers Fölsch befassen. Eigenartigerweise will der Staatsanwalt partout nicht auf Mord plädieren, sondern den Todesfall als Selbstmord oder Unfall darstellen.

Daneben ringt die junge Kriminalhauptmeisterin Rosemarie Stankowski immer noch um Anerkennung bei Poggel und den anderen männlichen Kollegen und um ihre unglückliche Beziehung zu einem verheirateten Mann.

Und schließlich benötigt Anna Puff, Poggels Vermieterin, dringend eine weitere Verdienstmöglichkeit und begibt sich auf Arbeitssuche. Großen Kummer bereiten ihr zudem die fürchterlichen Zustände in einem katholischen Kinderheim in Essen, wobei ihr Herz besonders an einem speziellen Mädchen hängt.

 

Der 3. Fall für Alfred Poggel. Nachdem ich die beiden Vorgänger gelesen hatte, war für mich als alteingesessene Mülheimerin klar, dass auch dieser wieder in meinem Bücherregal einziehen musste. Zumal Band 2 mit einem fiesen Cliffhanger endete! Und es sollte diesmal in „meinen“ Stadtteil, nach Styrum, gehen. Die Neugierde war groß! Jetzt, nach der Lektüre, bin ich ein klein wenig enttäuscht.

Gut, was Mülheim „im Ganzen“ betrifft, wurde auf einige regionale Besonderheiten sehr schön eingegangen. Dazu gehören zum Beispiel Textabschnitte in „Mölmsch Platt“ und ein „Gastauftritt“ des noch ungeborenen Helge Schneiders. (Wobei ich mich aber schon gefragt habe, ob sich in Sachen Mölmsch Platt nicht so mancher Leser über ein paar Übersetzungshilfen im Anhang gefreut hätte.) Auf Styrum heruntergebrochen kommt das Regionale aber für mein Gefühl zu kurz, beschränkt sich meist nur auf das bloße Nennen von Straßennamen. Da hätte ich mir ein wenig mehr, zum Beispiel Beschreibungen der Örtlichkeiten, gewünscht.

 

Es musste aber auch reichlich viel Stoff in dieses schmale Buch passen. Ein wenig mehr Umfang wäre gut gewesen oder alternativ etwas weniger Nebenhandlung. Letztlich sollte es doch noch in erster Linie ein Krimi sein, oder? Die Sache mit dem Kinderheim fand ich noch völlig in Ordnung, interessant und spannend. Aber darüber hinaus gab es für mich durchaus Kürzungspotential. Natürlich sagen die Gedankengänge diverser Reinigungskräfte viel über den damaligen Zeitgeist aus. Da hätten aber auch wenige Abschnitte ausgereicht, das wäre meines Erachtens nach der Krimihandlung zugutegekommen.

 

Überhaupt der Krimi: Wer den Vorgängerband nicht kennt, hätte sich vielleicht über ein paar Rückblicke zum Mord an Thekla gefreut, den Poggel schließlich so verbissen verfolgt. Die Auflösungen letztlich waren so in Ordnung, ich persönlich bin nur über ein paar Ungenauigkeiten gestolpert. Beispiel: Ein Kind wird im Oktober 1944 geboren. Zum Zeitpunkt der Handlung wird gesagt, dass es 10 Jahre alt ist. Laut Klappentext befinden wir uns aber im Jahr 1956. An anderer Stelle, die 1952 spielt, heißt es, das Kind wäre im Heim, weil Vierjährige abends nicht allein bleiben können. Alles Kleinigkeiten bzw. ungenaue Formulierungen, aber so etwas mag ich nun mal – vor allem bei einem Krimi – gar nicht.

 

Fazit: Solide, aber nicht der beste Fall für Poggel. Ich hoffe, beim nächsten Mal gibt’s mehr Krimi- als Nebenhandlung.