Rezension

Skurril, schwarzhumorig, satirisch - achtsam eben...

Achtsam morden - Karsten Dusse

Achtsam morden
von Karsten Dusse

Bewertet mit 4 Sternen

Björn Diemel wird von seiner Frau gezwungen, ein Achtsamkeits-Seminar zu besuchen, um seine Ehe ins Reine zu bringen, sich als guter Vater zu beweisen und die etwas aus den Fugen geratene Work-Life-Balance wieder herzustellen. Denn Björn ist ein erfolgreicher Anwalt und hat dementsprechend sehr wenig Zeit für seine Familie. Der Kurs trägt tatsächlich Früchte und Björn kann das Gelernte sogar in seinen Job integrieren, allerdings nicht ganz auf die erwartete Weise. Denn als sein Mandant, ein brutaler und mehr als schuldiger Großkrimineller, beginnt, ihm ernstliche Probleme zu bereiten, bringt er ihn einfach um — und zwar nach allen Regeln der Achtsamkeit.

Was für eine Mischung! Krimi? Naja, irgendwie schon, auch wenn die Handlung sich nicht gerade überschlägt vor Spannung. Satire? Auf jeden Fall, und zwar nicht zu knapp. Humor? Na, und ob. Sprachwitz, skurrile Szenen und viel schwarzer Humor, da fließt schon mal das ein oder andere Lachtränchen.

Björn ist ein Anwalt, den man durchaus als erfolgreich bezeichnen könnte, denn immerhin beschäftigt ihn sein Mandant nahezu rund um die Uhr. Nur ein Mandant. Ja, und auch nicht irgendwer. Sondern DIE Gangstergröße in der Stadt, der nichts fremd ist, was Geld bringt und vor allem illegal ist. Da hat Björn eben alle Hände voll zu tun. 

Dumm nur, dass sein unermüdlicher Arbeitseinsatz so wenig Anerkennung findet.

In der Kanzlei gilt er als der Anwalt mit dem 'Bäh-Mandanten', und Björn ist klar, dass er niemals als Partner der Kanzlei in Frage kommen, sondern stets ein Angestellter bleiben wird. Aber auch seine Frau schießt quer. Statt sich zu freuen, dass der Rubel rollt, nimmt sie einfach ihre gemeinsame Tochter und geht. Dabei empfiehlt sie Björn noch, sich an einen Achtsamkeits-Therapeuten zu wenden, damit sein Leben vielleicht doch noch einen anderen Inhalt findet als stets nur die Arbeit.

Da er seine Frau und v.a. seine kleine Tochter nicht verlieren will, stimmt Björn einem Treffen mit dem Therapeuten zu - und lernt wider Erwarten viel dazu. Zu seinem eigenen Erstaunen und zu dem des Lesers setzt er die meisten Achtsamkeits-Ratschläge auch prompt in die Praxis um. Und siehe da: es geht ihm von Stund' an besser. Einigen in Björns Umgebung allerdings nicht. Oder wissen die die Reglen der Achtsamkeit einfach nicht zu schätzen?

Auch wenn die Handlung nicht spektakulär spannend ist, weiß sie doch durch einige überraschende Wendungen zu unterhalten. Wie ich gelesen habe, sieht der Autor seinen Roman auch als Gesellschaftssatire - und ja, da stimme ich ihm durchaus zu. Zentraler Punkt der Handlung ist die Achtsamkeit, und auch wenn nicht ganz von der Hand zu weisen ist, dass diese Lebensart womöglich auch Bestandteil der Satire ist, ist nicht leugnen, dass sich Karsten Dusse intensiv mit der Thematik auseinander gesetzt haben muss.

Zu Beginn eines jeden Kapitels steht ein Grundsatz zur Achtsamkeit, der dann in der darauf folgenden Handlung jeweils gleich in die Tat umgesetzt wird. Erstaunlich, welche Folgen der Achtsamkeitsgedanke so haben kann - manches muss man wohl einfach logisch bis zum Ende durchdenken.

Mich konnte der Roman jedenfalls alles in allem gut unterhalten, was mich über einige langatmige Passagen,  etliche vom Lektorat übersehene Fehler und ein doch recht abruptes Ende hinwegsehen lässt. Wer bislang mit dem Thema 'Achtsamkeit' nichts anfangen konnte, dem sei das Buch empfohlen!
 

© Parden