Rezension

Schöne Idee, halbherzig ausgearbeitet

Der Wald -

Der Wald
von Eleanor Catton

Bewertet mit 2 Sternen

Ich weiß nicht, was hier passiert ist. Ich habe „Die Gestirne“ sehr geliebt und dachte, Bücher von Eleanor Catton sind garantierte Volltreffer. In diesem Buch finde ich keine der Qualitäten wieder, die ihr erstes Buch auszeichneten. Wo ist ihr Humor geblieben? Ihre Raffinesse? Ihr Einfühlungsvermögen?

Das einzig Beeindruckende ist das Thema: Öko-Guerillas unterwandern heimlich das System und kommen damit durch, das hat was und ist innovativ. Die Umsetzung bleibt allerdings eher halbherzig.

Erst einmal muss man sich an Endlossätze und Weitschweifigkeit gewöhnen. Hier wird jede Figur gründlich eingeführt, mit einer Geschichte und familiärem Hintergrund versehen, nur komischerweise wird dabei niemand lebendig. Man kämpft sich durch schier endlose Schlenker, Erinnerungen und Befindlichkeiten, langweilt sich trotzdem und fragt sich, was wollen sie denn, diese Menschen?

Nehmen wir mal Mira, die die Gruppe Birnam Wood gegründet hat. Sie gärtnert gerne und hat Ideale, lehnt sich auf gegen das Establishment. Aber beim ersten Milliardär, der ihr begegnet knickt sie ein und findet es toll, gesponsert zu werden, zu expandieren, bekannt und berühmt zu werden. Dass sich das mit ihrem Grundprinzip, heimlich brach liegende Flächen zu bepflanzen, nicht vereinbaren lässt, ist egal.

Ihre Freundin Shelley, die sich um Verwaltungsdinge und Organisatorisches kümmert, will die Gruppe verlassen und entwirft dazu eine alberne Intrige, statt einfach zu gehen. Was sie eigentlich will, bleibt auch unklar. Will sie Anerkennung, die Führung der Gruppe, Miras Exfreund oder ein bisschen von allem? Jedenfalls geht sie dann doch nicht, nur um bei jeder Gelegenheit mit ihrem Weggang drohen zu können.

Ich könnte hier eigentlich jeden zerlegen, aber das führt wohl zu weit. Mir kam diese Geschichte durch und durch unausgegoren vor. Die ersten 300 Seiten sind im Grunde nur die Einführung ins Geschehen, eine reichlich zähe Angelegenheit. Dann eskaliert das Ganze, bekommt eine gute Portion Thrill, wobei man dabei auch nicht allzu viel hinterfragen sollte.

Für mich war dieses Buch ein Flopp, eine schöne Idee, halbherzig ausgearbeitet, mit langweiligen bis hysterischen Figuren und ein bisschen müdem Thrill am Schluss.