Rezension

Schicksalshafte Begegnung

Die Nacht der Zugvögel - Franziska Fischer

Die Nacht der Zugvögel
von Franziska Fischer

~~Inhalt
Viola und Leo – zwei junge Menschen, die zufällig aufeinander treffen und doch so viel mehr füreinander werden, als nur eine Bekanntschaft, die man schnell wieder vergisst. Viola ist auf der Reise zu ihrer Familie, als sie ihren Zug verpasst und zu einer Party mitgenommen wird. Völlig übermüdet landet sie im Zimmer von Leo, den sie so für ein paar Stunden kennenlernt. Am nächsten Morgen zieht sie weiter und fährt zu ihren Eltern, die sie acht Jahre nicht gesehen hat. Acht Jahre, seit dem ihre Schwester plötzlich verschwunden und nun beerdigt werden soll. Und auch wenn Viola Leo nur kurz getroffen hat, beschließt sie ihm Briefe zu schreiben. Briefe, in denen sie ihm ihre Gefühle und Gedanken offenbart, auch wenn diese ihn zunächst nicht erreichen. Denn auch Leo begibt sich auf eine Reise und schreibt während er viele Kilometer zurücklegt, einer Frau, mit der er eine besondere Nacht geteilt hat.

Meine Meinung
"Die Nacht der Zugvögel" ist ein Roman mit einer ganz besonderen Erzählstimme. Franziska Fischer schreibt melancholisch, poetisch und sehr eindringlich die Geschichte von zwei jungen Menschen, die ihren Weg versuchen zu finden. Ihr Aufeinandertreffen wirkt zufällig, kann für mich jedoch nur als schicksalshaft bezeichnet werden. Denn, dass Viola ihren Zug verpasst, in der Großstadt Berlin ausgerechnet in Leos WG-Bett landet und ihm nach diesem kennenlernen ihre intimsten Gefühle und Gedanken offenbart, kann einfach kein Zufall sein.

Viola und Leo sind zwei junge Menschen, die wie Zugvögel durch das Leben ziehen. Vor allem Viola ist eine getriebene, die versucht ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Gelingen tut ihr das nur bedingt, denn egal wie weit weg wir gehen, wir nehmen unsere Erlebnisse und Probleme doch immer mit. Viola kehrt ihrem Elternhaus nach dem Verschwinden ihrer Schwester Lara den Rücken, studiert in London, wohin sie auch ihren Lebensmittelpunkt verlegt. Ihre Beziehung ist vor kurzem gescheitert – auch, weil es ihr schwer fällt Nähe zuzulassen. Nun, da Lara tot ist, kehrt sie zurück nach Hause und all die lange unterdrückten Gefühle und Gedanken treten wieder in Erscheinung. Dass sie sich gerade Leo, einem eigentlich Fremden, offenbart, mag überraschen, aber vielleicht ist auch genau das so viel einfacher, weil er sie nicht kennt und sie völlig wertfrei betrachten kann.

Leo begleitet seine Mitbewohnerin Suri, die auf der Suche nach ihrem Bruder Akuma ist, der zwar schon immer ein recht eigenbestimmtes Leben gelebt hat, aber nun völlig unauffindbar zu sein scheint. Auf dem Roadtrip begleitet die beiden Liv, eine gute Freundin und später schließt sich noch Lennart der illustren Truppe hinzu, der die Reisegruppe komplettiert. Leo wird als ziellos beschrieben. Ein Junge wohlhabender Eltern, mit einem Vater, der ein genaues Bild davon hat, was Leo mit seinem Leben anzufangen hat. Dass Leo dagegen auf seine ganz eigene Art rebelliert, ist nicht überraschend. Aber, dass auch er zu Papier und Stift greift um Viola Briefe zu schreiben, hingegen schon.

"Die Nacht der Zugvögel" ist ein wunderschön geschriebener Roman, der mich über weite Strecken nicht nur unterhalten, sondern auch begeistern konnte. Leider bleibe ich aber mit sehr vielen Fragen zurück, die die Autorin nicht beantwortet und den Leser dadurch im Ungewissen lässt. Es gibt Bücher, bei denen ein offenes Ende passt. Bei diesem hier hätte ich es jedoch schöner gefunden, wenn ich klare Antworten erhalten hätte.

Fazit
"Die Nacht der Zugvögel" ist ein melancholischer Roman über zwei junge Menschen, die ihren Weg noch nicht gefunden haben. Zugvögeln gleich ziehen sie immer weiter, auf der Suche nach etwas, was sie innerlich heilen lässt. Eingeschränkte Lese-Empfehlung, da das Ende zu viele Fragen offen lässt.