Rezension

Schicksalshaft und voller Emotionen – die Schneekönigin 2015

Die Schneekönigin - Michael Cunningham

Die Schneekönigin
von Michael Cunningham

Bewertet mit 3 Sternen

Warum wollte ich das Buch lesen?
Die Umschlaggestaltung und der Titel haben mich sehr angesprochen – als Märchenfreundin war dann schon klar, dass ich das Buch unbedingt lesen möchte.

Barrett und Tyler, zwei Brüder, leben gemeinsam mit Tylers Freundin Beth in Bushwick. Beth ist an Krebs erkrankt und die beiden kümmern sich um sie. Tyler ist Musiker, er wartet noch auf seinen Durchbruch und Barrett hat sein Literaturstudium geschmissen und arbeitet in einer Boutique. Der Lebensinhalt der beiden besteht aus der Pflege von Beth – zumal Barrett auch erst von seinem letzten Freund per SMS abserviert wurde...

Schwierig, schwierig. Das was ich mir erhofft hatte, ein kleines bisschen ein modernes Märchen, habe ich hier leider nicht erhalten, auch waren für mich nicht allzu viele Parallelen zum Märchen von Hans Christian Andersen vorhanden und dennoch hat mir die Geschichte gefallen.

„Die Schneekönigin“ ist mein erster Roman von Michael Cuningham und seinen Schreibstil konnte ich sehr genießen, man war direkt in der Geschichte von Tyler und Barrett und hatte keine großen Berührungsängste. Cunningham schreibt offen, ehrlich, schonungslos und auch voller Humor. Und auch totgeschwiegen wird hier nichts, egal ob es um Krebs, den Tod, Drogen oder Betrug geht - man lernt den Mensch mit all seinen Facetten und Fehlern kennen.

Den Mensch – sagen wir eher eine handvoll Menschen, viele Nebencharaktere haben wir hier nicht, aber diese tauchen immer wieder auf – mal in einem wichtigeren Zusammenhang und dann wieder eher nebensächlich. Und die Hauptcharaktere sind allesamt besonders. Egal ob es sich um Tyler handelt, der in seinem Alter noch an die Musikkarriere glaubt und mit seiner Freundin und seinem Bruder in einer heruntergekommenen Wohnung lebt, Beth, die vor ihrer Krebserkrankung jegliche Fundstücke in ihre Wohnung geschleppt hat oder Barrett, der an eine höhere Macht samt Zeichen glaubt. Alle drei sind nicht grade die typischen Leute von nebenan, dennoch hat jeder sein Päckchen zu tragen und es ist interessant die drei und ihre Freunde näher kennenzulernen.

Das Buch ist nicht wirklich in Kapitel unterteilt, aber in drei große Teile gesplittet: Ein Abend, Silvester 2005 und November 2008. Jedem Abschnitt kann man ohne Probleme eine Handlung zuordnen bzw. gewichtige Momente, was ich hier aber nicht tun werde, denn ansonsten habe ich der Geschichte die Spannung genommen.

Jetzt möchte ich noch einmal kurz auf den Titel zurück kommen. Im Gegensatz zu anderen Rezensenten, kann ich wie gesagt kaum eine Verbindung zum Märchen herstellen. Am Anfang wird Bezug darauf genommen, als Tyler eine Schneeflocke (Eissplitter) ins Auge fliegt und am Ende greift er das Thema noch einmal auf. Ansonsten ist Beth für mich ein bisschen die Schneekönigin, aber nicht weil sie unnahbar ist, sondern weil sie den Schnee einfach über alles liebt.

Wer eine außergewöhnliche Geschichte, voller Emotionen und unerwarteter Wendungen lesen möchte, sollte sich einmal an „Die Schneekönigin“ versuchen. Ein Buch, dass einen immer wieder überrascht!