Rezension

Schätze des Erzgebirges und mehr

Bittere Wasser -

Bittere Wasser
von Tina Pruschmann

Bewertet mit 3 Sternen

Bei diesem Buch habe ich mich vom Cover und dem Klappentext täuschen lassen. Da ich seit jeher ein Zirkusfan bin, habe ich mich auf eine entsprechende Lektüre gefreut. Bekommen habe ich einen Einblick in Idas Leben, das zwar im Zirkus begann, aber mit der Einschulung bei den Großeltern im Erzgebirge fortgeführt wurde.

Dort beeindruckte sie ihre Klassenkameraden mit ihren Einradkünsten und besuchte die Eltern während der Ferien noch im Zirkus, doch davon wurde kaum etwas berichtet. Statt dessen hat sich die Autorin lange mit Geschichte und Traditionen eines Erzgebirgsdorfes beschäftigt. Sie nennt es Tann, doch wer das Buch von Kati Naumann „Sehnsucht nach Licht“ gelesen hat, erkennt den Ort unschwer als das heutige Bad Schlema, dessen Historie Kati Naumann viel lebendiger geschildert hat.

Für mich waren mehr als einhundert Jahre Ortsgeschichte für dieses Buch zu viel, vor allem, da mir der Stil der Autorin so gar nicht zusagte. Für mein Befinden schreibt sie zu distanziert. Wie die Menschen mit dem Ende der DDR zurechtgekommen sind, ist zwar interessant und man kann ein wenig in die Zeit eintauchen, in der die Menschen überlegten, ob sie „rübermachen“ sollten oder nicht. Bei mir entstanden jedoch aus der Zeit, in der das Land abgewickelt wurde, kaum Bilder im Kopf.

Erst, als Ida, die in etwa dem Alter der Autorin (*1975) entspricht, die Elefanten des eliminierten DDR-Staatszirkus in die Ukraine nach Kiew begleitete, kam ich im Buch an. Eines der besten Kapitel war für mich das Gespräch zwischen Jewhen und Ida:

    Jewhen: „Mit den Dingen kam der Dreck in die Straßen. Früher wars besser.“
    Ida: Das liegt nicht an den Dingen. Das liegt an der Freiheit. Mit der Freiheit kam der Dreck.“

oder

    Jewhen: „Was macht der kleine Mann heute?“

    Ida: „Er verwechselt Quarkkeulchen mit Solidarität.“

    Jewhen: „Was meinst du, Ida? Red nicht so kryptisch!“
    Ida: „Ich meine die Wärme. Der kleine Mann denkt an früher und denkt an die Wärme, und er glaubt, die kam von der Solidarität. Die kam aber nicht von der Solidarität, sondern von den Quarkkeulchen mit Apfelmus, die es freitagsmittags als Schulessen gab.“

Von Idas Zeit in Kiew und schließlich auch von ihrer Rückkehr zum Vater hätte ich gern mehr lesen mögen. Zum Schluss wird das Buch sogar noch emotional. Doch insgesamt ist mir der Einblick in Idas Leben und die vielen geschichtlichen Ereignisse, die nichts mit ihr zu tun hatten, nicht mehr wert als drei Sterne. Die Autorin hat sich mit der Vielfalt der Themen eindeutig übernommen.