Rezension

Nicht schlecht

Lost Boy - Johannes Groschupf

Lost Boy
von Johannes Groschupf

Völlig desorientiert wacht ein junger Mann am Hamburger Hauptbahnhof auf - mit nichts weiter als seinem Namen, Lennart, und einem vor kurzem aufgenommenem Bild eines jungen Mädchens. Durch Zufall findet er Unterschlupf und Hilfe bei Werner, einem Fischverkäufer, der in kurzerhand einstellt, und Jule, einem echten Hamburger Mädel, die Lennart mit jedem verstrichenen Augenblick interessanter findet. Mit der Zeit erinnert sich Lennart an immer mehr Bruchstücke aus seiner Vergangenheit und kehrt mit der Unterstützung Jules nach Berlin zurück. Seine Reise führt ihn tief in die Clubszene Berlins und bringt ihn nicht nur der Wahrheit über jenen Abend, an dem er sein Gedächtnis verloren hat näher, sondern bringt sich und Jule immer mehr in Teufels Küche...

Ein junger Mann, der zwischen zwei vor sich hinrostenden U-Bahn-Waagen in einer halbverfallenen Halle fortbewegt, hat mich sofort einen zweiten Blick auf das Cover werfen lassen und mich dazu bewogen, die durchaus spannungsaufbauende Inhaltsangabe zu lesen. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch und wurden über weite Strecken bravourös erfüllt.

Mit dem Schreibstil des Autors Johannes Groschupf musste ich erst einmal warm werden. Ich lese eher selten Bücher dieses Genres und hatte so meine Schwierigkeiten dem Handlungsverlauf und den Gedankengängen des Protagonist zu folgen. Mit der Zeit bekam ich einen immer besseren Draht und konnte der Geschichte ohne Probleme folgen.

Über die insgesamt 234 Seiten hinweg ist Lennart die Hauptperson, denn aus seiner Sicht wird das Buch ausschließlich in der Ich-Perspektive erzählt. Dadurch bekommt man einen guten Einblick in die in ihm herrschenden Gefühle, die Einsamkeit, Hilflosigkeit und im weiteren Verlauf auch innere Zerrissenheit, sei es nun die Liebe betreffend oder seine Absicht seine Vergangenheit zu ergründen.

Bulgur, alias DJ Evil, war eine sehr interessante Figur. Die mehrfach beschriebenen und in den Dialogen auch nachvollziehbaren Stimmungsschwankungen ebenso wie seine Ansichten seine "Jünger" betreffend fand ich faszinierend.

Wer die Berliner Clubszene bzw. das Thema Musik, Sounds, Bässe etc. ansprechend findet, wird dieses Buch lieben. Für mich als "Laie" war es manchmal ein wenig schwierig dieselbe Begeisterung wie Lennart zu empfinden, aber ich glaube auch nicht, dass Johannes Groschupf das beabsichtigt hat. Vielmehr erntet Lennart durchaus das ein oder andere Kopfschütteln von Jule, die seine Passion Sounds zu "jagen" auch nicht teilen konnte.

Das Ende der Geschichte lässt einige Fragen offen, aber damit auch Spielraum für die eigene "Fantasie".

Fazit: Eine Geschichte die unter die Haut geht, aber mich nicht hundertprozentig überzeugen konnte!