Rezension

Nicht ganz überzeugender Roman, der aber mit seinen wunderbaren Bildern alle Sinne anregt

Sonnensegeln - Marie Matisek

Sonnensegeln
von Marie Matisek

Bewertet mit 4 Sternen

 Die Krankenschwester Marita fühlt sich in ihrem Job nicht mehr richtig wohl, sie würde gerne mehr Zeit mit den Patienten der onkologischen Station, auf der sie arbeitet, verbringen, aber mittlerweile sind die „Patientenverweildauern“ streng reglementiert. Als sie in der Zeitung ein Jobangebot im südfranzösischen Grasse entdeckt, schlägt sie nach kurzer Bedenkzeit zu, zunächst für drei Monate. Der neue Job ist eine große Herausforderung für Marita, sie ist kaum der Landessprache mächtig und ihr Patient erweist sich als etwas schwierig. Doch Grasse, eine Stadt, in der seit Jahrhunderten Parfüm hergestellt wird, landschaftlich schön liegt und umgeben ist von Rosen-, Lavendel- und Jasminfeldern, hat Marita schnell für sich erobert und so muss sie sich schließlich entscheiden: zurück nach Hause oder in Grasse bleiben.

Schon das Cover stimmt den Leser sommerlich ein und auch im Inneren weiß das Buch zu gefallen, die Buchdeckel sind innen farbig bedruckt, vorne mit Bildern aus Grasse, hinten mit einem Rezept, und die erste Seite eines jeden Kapitels wird von einem Zweig geschmückt. Mit dem Lesen werden weitere Sinne angeregt, die Autorin schafft es, dem Leser das Gefühl zu vermitteln, mitten in den Sonnenstrahlen der sommerlichen Provence zu stehen, man kann Rosen, Lavendel und Jasmin förmlich riechen, die beschriebenen Gerichte schmecken.

Die Geschichte ist leicht und flott zu lesen, hat mich selbst aber nicht ganz so überzeugt wie die wunderbaren Beschreibungen der Autorin. Marita erschien mir oft sehr naiv, ihre Kompetenz als Krankenschwester mehr als einmal zweifelhaft, Dinge, die für sie schnell offensichtlich hätten sein müssen, hat sie nicht erkannt. Ärgerlich fand ich, dass die offensichtliche Spielsucht eines Charakters heruntergespielt und gegen Ende sogar für eine recht unnötige Aktion benutzt wird.

In mehreren Einschüben wird aus dem 18. Jahrhundert berichtet, von einem Amrumer Seemann, der sich als Kaufmann in Grasse niederlässt. Man fragt sich schnell, was die Verbindung zu Maritas Geschichte sein könnte, wird aber am Ende ziemlich enttäuscht sein. Im Nachhinein finde ich diese Einschübe unnötig.

Ansonsten gefielen mir die verschiedenen Charaktere sehr gut, seien es Maritas Patient und sein Sohn, sei es die Haushälterin Ségolène und ihre Familie, sei es der von der Elfenbeinküste stammende Obst- und Gemüsehändler und seine Frau, sie alle sind liebevoll gezeichnet und ebenso wunderbar beschrieben wie Grasse und seine Umgebung. Gefallen hat mir auch, dass man ein paar Hintergrundinformationen über die Welt des Parfüms erhält

Am Ende ließ mich der Roman ein wenig zwiegespalten zurück, wäre nur die Geschichte, hätte er mich ein bisschen enttäuscht. Aber Marie Matisek hat es geschafft, mich mitten in die Provence zu bringen und fast alle meine Sinne angesprochen, und schon alleine deswegen bin ich froh, den Roman gelesen zu haben. Ich vergebe daher knappe 4 Sterne und eine Leseempfehlung: Lasst euch in die Provence entführen.