Rezension

Nicht einfach zu lesen

Verlorene Zukunft - Petra Kornfeld

Verlorene Zukunft
von Petra Kornfeld

Bewertet mit 3 Sternen

„...Keine Sorge, ich werde nicht mehr lange hier sein. Wenn ich fort bin, kann ich vielleicht wieder zu leben beginnen...“

 

Als Lisa von der Schule nach Hause geht, erfasst sie ein Auto auf dem Fußweg. Lea Berger, ihre Mutter, sieht den Unfall. Lisa hatte Glück. Es bleibt bei einem Beinbruch und einer Gehirnerschütterung. Vom Krankenhaus zurückkehrt, findet Lea ihrem Mann Norbert betrunken am Tisch. Sie verlangt, dass er auf einem Besuch im Krankenhaus verzichtet. Dann fällt obiges Zitat. Als Leser stellen sich mir damit schon auf der zweiten Seite eine Reihe von Fragen.

Jahre sind vergangen. Es ist Lisas Geburtstag, bei dem sie ihre Kollegen in der Gärtnerei liebevoll überraschen. Außerdem wird sie zur Lehrlingsausbilderin befördert. Für den Abend ist ein gemeinsames Essen mit Eric, ihrem Mann, und der Mutter geplant. Doch die Mutter lehnt ab.

Das distanzierte Verhältnis zur Mutter ist für Lisa wie eine offene Wunde. Hinzu kommt, dass Eric auf Arbeit Probleme hat. Ein engagierter und sehr ehrgeiziger Kollege in der Werbefirma lässt ihn alt aussehen.

Die Autorin hat einen fast schwermütigen Gegenwartsroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich nicht einfach lesen. Man muss sich auf die Feinheiten und Zwischentöne einlassen. Für mich als Leser war schnell klar, dass es in der Vergangenheit ein einschneidendes Erlebnis gegeben haben muss, über das nie gesprochen wurde, dessen Folgen aber tiefe Spuren in Lisas Seele hinterlassen haben. Die Situation erreicht einen ersten Höhepunkt, als Lea Selbstmord begeht. Schweren Herzens entschließt sich Lisa, mit Eric in ihr Elternhaus zu ziehen. Doch das Haus macht ihr Angst.

Immer noch spürt sie die Gegenwart der Mutter und deren Kälte.

Der Schriftstil wirkt stellenweise eintönig. Es fehlt eine gewisse Spannung. Die Autorin verliert sich in den Details des Alltags, die manchmal für die eigentliche Handlung nur marginal Bedeutung haben. Die sprachlichen Höhepunkte waren für mich die Gespräche zwischen Eric und Lisa. Hier zeigt sich die innere Zerrissenheit der Protagonisten. Es fällt beiden schwer, ihre Zuneigung in Worte zu fassen. Dafür langt ein einzelner Satz, damit die Stimmung kippt. Vor allem Lisa kann nur selten schöne Momente genießen und verfällt schnell in negative Stimmung. Sie steckt voller Wut und Angst. Eric möchte ihr gern helfen, kann sich aber nicht von seinen beruflichen Problemen lösen. Fragen nach ihrer Kindheit blockt Lisa ab. Daran scheitert auch die professionelle Hilfe einer Psychotherapeutin.

Das Buch beginnt mit einer Zeichnung. Ein lächelndes Kind sitzt mit ihrer Puppe am Tisch. Am Ende des Buches erscheint das Grundgerüst der Zeichnung erneut. Jetzt fragt ein weinendes Kind nach seiner Puppe.

Das Motiv der Puppe findet sich auf dem Cover wieder. Eine reife Frau beugt sich darüber.

Das Thema des Buches hat mir gut gefallen. Allerdings ziehe ich vor allem deshalb Sterne ab, weil mich die Geschichte mit zu viel unbeantworteten Fragen zurücklässt.