Rezension

Moskau 1900

Der Magier von Moskau - Boris Akunin

Der Magier von Moskau
von Boris Akunin

Bewertet mit 4.5 Sternen

Erast P. Fandorin-Reihe, Bd. 9

Diesen Band der Reihe fand ich etwas schwächer als die anderen, 4,5 Sterne vergebe ich, denn die Geschichte zog sich doch arg in die
Länge. Vielleicht bin ich aber nur verwöhnt von den Vorgängern, die mit atemloser Spannung punkten konnten:

"Fandorin ermittelt im Selbstmörder-Club Moskau 1900: Die schöne Colombina trägt eine lebende Natter um den Hals und schreibt blumige Gedichte. Die Sehnsucht nach einem Leben voller Leidenschaft hat sie nach Moskau geführt. Bald schon ist sie die Geliebte von Prospero, der einem geheimen Club von Todesanbetern vorsteht. Einer nach dem anderen folgt hier dem Ruf ins Jenseits und begeht Selbstmord. Doch wollten all diese jungen Menschen wirklich sterben? Ein Mann, der sich Prinz Gendsi nennt und einen japanischen Diener hat, erscheint im Club und stellt seltsame Fragen..."

Akunin fängt die Aufbruchstimmung der damaligen Zeit perfekt ein. Neuerungen, Zukunftsangst und Euphorie. Der technische Fortschritt wirft seinen Schatten voraus. Es gibt zwei Erzählperspektiven bzw 2 -stränge: Zum einen die Tagebucheintragungen der etwas naiven Marja - "Colombina", die vom provinziellen Irkutsk in die "Stadt der Träume", Moskau, kommt.
Zum anderen die Berichte eines geheimnisvollen Spitzels, der die Moskauer Obrigkeit informiert, bei welcher Fandorin in Ungnade gefallen war, weswegen er aus dem Ausland die Moskauer Fälle verfolgte. Das sinnlose Sterben mag er jedoch  nicht hinnehmen und ermittelt bald auf eigene Faust...

Akunin spielt mit dem Genre und zieht das eigentlich traurige Thema immer wieder bewusst ins Lächerliche. Mit Namen wie "Prospero" und "Caliban" verweist er(bzw die Figuren)  eindeutig  auf Shakespeares Sturm (The Tempest). Arlecchino und Colombina hingegen verweisen auf eine andere Erzaehltradition und tragen auch zum besseren Verständnis des Romans bei.

Ich hätte mir aber eine straffere Erzählung gewünscht (weniger Längen). Am Krimi an sich gibt es aber nichts auszusetzen, da es viele Wendungen und eine gute Gesellschaftskritik gibt! Fandorin ist ein toller, glaubwürdiger Protagonist mit kleinen Schwächen, die ihn nur noch sympathischer machen.

Ein lesenswerter historischer Krimi, trotz allem.