Rezension

Moderner Kriegsroman

Der menschliche Körper - Paolo Giordano

Der menschliche Körper
von Paolo Giordano

"... dass es im menschlichen Organismus etwas anderes geben könne als die Mechanik des Körpers und den diesen lenkenden Willen im Gehirn..." - undenkbar. Aber tatsächlich zeigt sich im Text deutlich, dass es außer Körper und Geist noch etwas Drittes gibt: Ob wir es Emotionen nennen, Persönlichkeit oder Seele, ist nicht entscheidend. 

Erzählt wird vom Einsatz einer italienischen Kampftruppe in Afghanistan. Staub, schlechtes Essen, Langeweile - da zeigen sich die unterschiedlichen Typen: Der Zugführer René, der seine Verantwortung ernst nimmt, Cederna, der andere ausnutzt und sich lustig über sie macht, Ietri, der zwar in der Heimat der einzige Punk war, aber dennoch an seiner Mutter hängt und endlich mal bei einer Frau zum Zuge kommen möchte... Und plötzlich wird es ernst. Ein gefährlicher Auftrag fordert alles von den Männern. Und nachher ist nichts mehr, wie es war. Wie soll man mit den Erinnerungen fertig werden? Wie kann man wieder in den Alltag zurückkehren? Und wie kann man eine Beziehung weiterführen mit jemandem, der von dem Grauen nichts weiß? Und auch einander können sie nur aus dem Weg gehen, um nicht wieder von der Vergangenheit eingeholt zu werden.

Giordano zeichnet ganz normale Personen, keine idealen Menschen. Was ihnen geschieht, könnte auch uns zustoßen. Und der Krieg, der zunächst so ereignislos und gähnend langweilig erschien, zeigt ganz plötzlich sein wahres Gesicht, und das bedeutet Tote - in Einzelteile zerfetzt, so dass man sie nicht mehr zuordnen kann. So sieht Krieg heute aus.

Nach seinem Erstlingsroman "Die Einsamkeit der Primzahlen" ist dies das zweite Buch von Paolo Giordano - ein völlig anderes Thema, doch ebenso bewegend.