Rezension

Mit Berlin ganz nach unten

Bittere Schuld - Annie Hauxwell

Bittere Schuld
von Annie Hauxwell

~~„Bittere Schuld“, der neue Thriller aus der Feder der australischen Autorin Annie Hauxwell, ist nach „In ihrem Blut“ der zweite Band der Reihe, in dem die Privatdetektivin Catherine Berlin im Zentrum der Handlung steht. Berlin ist sechsundfünfzig Jahre alt und hat ihre besten Jahre längst hinter sich, was mit Sicherheit auch ihrer Heroin-Abhängigkeit geschuldet ist, die sie eher halbherzig versucht in den Griff zu bekommen. Zudem kämpft sie noch immer mit den schmerzhaften Nachwirkungen einer Verletzung, die sie sich vor einiger Zeit bei der Ausübung ihres Jobs zugezogen hat und die ihre Bewegungsfreiheit massiv einschränkt. Um sich über Wasser zu halten, nimmt sie kleinere Beschattungsaufträge an, die ihr zumindest die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln garantieren.

London leidet unter einem heißen Sommer, und als ob das nicht schon genug wäre, ist es für Berlin auch immer schwieriger, an ihre tägliche Drogenration zu kommen. Zum einen fehlt ihr das nötige Kleingeld, und zum anderen haben ihre Dealer Lieferprobleme. Dann taucht auch noch Sonja, eine Gefährtin aus Junkie-Zeiten auf und fordert ihre Hilfe ein. Ihr Mann wurde ermordet und Princess, ihre zehnjährige Tochter, ist spurlos verschwunden. Berlin schuldet ihr noch einen Gefallen und macht sich in der Londoner Unterwelt auf die Suche nach dem Mädchen. Ein gefährliches Unterfangen, selbst wenn man ein Teil davon ist, denn Berlin bewegt sich nicht in den Kreisen der Reichen und Schönen. Ihr Milieu sind die Obdachlosen, die Junkies und die Kriminellen.

Die Autorin nimmt ihre Leser auf eine Reise in die Dunkelheit der englischen Metropole mit, in der jeder Tag ein verzweifelter Kampf ums Überleben ist. Und auch ihre Protagonistin stellt bald fest, dass die Suche nach dem verschwundenen Kind sie an ihre Grenzen bringt und nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Man benötigt etwas Zeit, um sich in die Handlung einzulesen, aber dann steigt die Spannung analog der Temperaturen in der City kontinuierlich an, bis man an den Punkt gelangt, an dem es schier unmöglich ist, das Buch aus der Hand zu legen.

Hauxwells Milieuschilderungen gehen unter die Haut und haben mich weit mehr beeindruckt als der gleichwohl spannend konstruierte Vermisstenfall. Die Personen sind bis ins Detail perfekt angelegt, zwar keine Sympathieträger, aber erwecken das Mitgefühl des Lesers, der hofft, dass Berlin den Ausflug in die Dunkelheit einigermaßen unbeschadet übersteht.

Eine Anmerkung um Schluss: Obwohl „Bittere Schuld“ das zweite Buch der Catherine Berlin-Reihe ist, kann es problemlos ohne Kenntnis des Vorgängers gelesen werden.