Rezension

Misslungener Genremischmasch

Schwarze Magnolien - Rebeca M. Williams

Schwarze Magnolien
von Rebeca M. Williams

Anmerkung: Ich habe das Buch nach dem ersten Drittel abgebrochen, was ich wirklich nicht oft tue. Hier hatte ich einfach keine Hoffnung mehr, dass es irgendwann besser wird.

Mit Schwarze Magnolien hatte ich so meine Schwierigkeiten. Viele Schwierigkeiten. Mit den Figuren, mit dem Schreibstil, mit dem Plot, mit dem Aufbau der Handlung. Nichts davon wirkte stimmig, es las sich wie ein nicht überarbeitetes Erstlingswerk voller kleiner Macken. 

Die Figuren werden sehr ausführlich beschrieben, aber einen emotionalen Zugang habe ich zu ihnen nicht bekommen. Vielleicht gerade weil sie so detailliert beschrieben werden, ohne dass sie dabei selbst in Aktion treten. Als Leser bekommen wir extrem wir nacherzählt und erklärt, sind aber bei den scheinbar wichtigen Ereignissen im Leben dieser Figuren nie live dabei. So erfahre ich zwar extrem viel über sie, lerne sie aber nicht kennen. Viel "Telling", kaum "Showing". 

Da wäre einmal Brent LaVerne, der Cop - oder in unserem Fall: FBI-Agent - der Geschichte. Seine Großmutter hat er nie kennengelernt, sein Großvater ist seit deren Tod arbeitsloser Alkoholiker und lebt zurückgezogen und verlottert im Bayou. Seine Mutter ist mit 15 schwanger geworden und an Krebs gestorben, als Brent noch zur High School ging. Seinen Vater, der nichts von ihm wissen wollte, hat er nie kennengelernt, er ist bei einem Autounfall gestorben. Auch aus der Familie seines Vaters kennt er niemanden. Trotzdem ist aus ihm ein FBI-Agent geworden, der jetzt in einem Fall von Wirtschaftskriminalität ermittelt. Besonders sympathisch ist er mir dabei aber nicht, ganz im Gegenteil, meiner Meinung nach ist er ein machohafter Idiot, der besonders in Gegenwart von Frauen gerne den Überlegenen spielt. Dazu macht er Sachen, die nicht zu seinem scheinbar professionellem Auftreten passen. Wieso unterschlägt Brent seinen Kollegen Cats Handy und gibt es ihr stattdessen formlos zurück, nachdem er es selbst untersucht hat?

Und dann ist da Cat Bannister, die weibliche Protagonistin. Ist ihre Kindheit glücklicher verlaufen? Nein, das kann man nicht sagen. Cats Mutter hat Selbstmord begangen, als Cat noch zur Schule ging. Ihre Geschwister May Belle und Reuben und ihr Vater Zack geben Cat die Schuld daran. Ihre Beziehung zu Brent LaVerne hat ihr Vater zerstört. Daraufhin ist Cat mit 17 - schwanger von Brent - mit ihrem neuen Freund Tarquin St John nach London gezogen, um dort zu heiraten und ihrer Familie zu entkommen. Sie hatte eine Fehlgeburt, die Ehe ging nach zwei Jahren in die Brüche. Zehn Jahre später erhält Cat die Nachricht über den Tod ihres Vaters Zack und kehrt nach New Orleans zurück. Ihr Vater hat sie als Haupterbe für die Firma Bannister Enterprise eingetragen. Ihr Bruder Reuben will sie deshalb verklagen, der Mann von May Belle - Maxim - hält sie für ein gefühlskaltes Miststück. Und ihr Ex-Mann Tarquin will die Firma für eine Fusion aufkaufen. Cat wirkt auf mich völlig emotionslos, dafür aber triebgesteuert, hält sich selbst für etwas Besseres und hat einen schwachen Willen, der sich nur allzu gerne verführen lässt.

Falls ihr jetzt denkt, ich hätte mal eben das komplette Buch zusammengefasst und viel gespoilert: dem ist nicht so. Nichts von dem, was hier beschrieben wird, erleben wir als Leser. Wir bekommen es lediglich nacherzählt, zusammengequetscht und in einem Zug heruntergerasselt auf den ersten 150 Seiten. Es ist nicht spannend, es ist nicht emotional, es führte nur zu einem Augenrollen nach dem anderen. Natürlich ist Brents Vater ein Arschloch gewesen und natürlich ist seine Mutter früh gestorben und natürlich hat sein Großvater ein Alkoholproblem und natürlich ist trotz der schlechten Kindheit ein gut aussehender, beim FBI arbeitender, sexuell potenter Bad Boy geworden. Wie originell.  
 

"Cat merkte, dass ihre Vorsicht nachgelassen hatte. Der Alkohol hatte ihre Hemmungen gelöst und sie für gewisse männliche Signae empfänglich gemacht, als hätten sich irgendwo tief i ihrem Inneren verborgene Antennen zielsicher auf Brent ausgerichtet." 

(Seite 83) 

Ich weiß auch nicht genau, was dieses Buch zu sein versucht: Skandinavischer Krimi? Zerrüttet und kaputt genug sind die Familien der Figuren, aber der Roman an sich ist dafür zu seicht, nicht schockierend genug. Psychothriller? Dazu fehlt ihm die persönliche Note. Kriminalroman? Passt auch nicht, dafür steht die Ermittlungsarbeit nicht deutlich genug im Fokus. Zudem erfährt man erst nach etwa einem Drittel und auch nur in einem Nebensatz, welches Verbrechen hier eigentlich untersucht wird. Mord? Ja, auch, aber erst auf den zweiten Blick. Zunächst geht es um ein Wirtschaftsverbrechen, in das Bannister Enterprise verwickelt ist. Welches Verbrechen genau? Auf diese Antwort muss man viel zu lange warten. Romantic Suspense? Dafür fehlen ihm die Romantik, die Emotionen, selbst wenn ein Touch Erotik vorhanden ist. Immer wieder geht es um Sex, an meiner Meinung nach völlig unpassenden Stellen und irgendwie total aus dem Zusammenhang gerissen. Da passt einfach nichts zusammen, stattdessen wirkt alles total gekünstelt. Wie eine nicht kompatible Mischung aus skandinavischem Krimi und amerikanischem Erotikroman. Es fühlt sich gekünstelt an. Falsch. Genremischungen können funktionieren, wenn sie gut gemacht sind. Diese hier ist es nicht und statt einem spannenden Roman ist hierbei lediglich ein langweiliger, verwirrender, anstrengender Mischmasch herausgekommen.

Schwarze Magnolien bringt gute Voraussetzungen mit, ein echt guter Thriller zu werden, aber bei der Umsetzung lief irgendwie alles schief. Ein Schreibstil ist immer Geschmackssache, mir gefällt er nicht. Er liest sich ebenso holprig wie die Geschichte selbst. Aber diese kaputten Figuren, die man mittlerweile in jedem (skandinavischem) Krimi / Thriller findet? Langweilig. Die komplette Lebensgeschichte der Protagonisten im ersten Drittel zusammengefasst bekommen? Langweilig. Seichte Erotikszenen zwischen zwei scheinbar völlig gefühlskalten, unsympathischen Protagonisten? Total schräg. 

Andere mögen Schwarze Magnolien großartig finden, mögen sich gut unterhalten fühlen, können meine Kritik vielleicht nicht verstehen. Vielleicht wird der Thriller ab der zweiten Hälfte ja tatsächlich spannend, vielleicht werden die Protagonisten plötzlich sympathisch, fühlt sich die eingebaute Erotik weniger falsch an, interessiert mich das Schicksal der Figuren plötzlich. Vielleicht aber auch nicht. Mich jedenfalls hat das erste Drittel zu Tode gelangweilt und ich bereue nicht, das Buch abgebrochen zu haben.

(c) Books and Biscuit