Rezension

Manchmal langatmig

Wir werden erwartet
von Ulla Hahn

Bewertet mit 4 Sternen

Im vierten Band ihres autobiografisch geprägten Romans über das Leben der fiktiven Hilla Palm kommen wir in den Jahren der sozialliberalen Koalition und des RAF-Terrors an.

Hilla ist glücklich mit Hugo, sie verloben sich gegen den Willen seiner Eltern. Doch dann stirbt Hugo bei einem Verkehrsunfall und Hilla stürzt in ein tiefes Loch aus Trauer, Wut und Verzweiflung. Trauer braucht seine Zeit und schließlich beschließt sie nach Hamburg zu gehen, um dort eine ganz neue Doktorarbeit zu beginnen. Sie zieht zu Marga, die aktiv in der DKP mitarbeitet und schließlich tritt auch Hilla in die Partei ein. Plakate kleben, Wahlkampfstände besetzen, nächtelange Diskussionen mit den jungen und alten Genossen gehören jetzt zu ihrem Leben. Doch ihre Zweifel wachsen, besonders als sie zu einer Reise in die DDR eingeladen wird. Dort findet sie keineswegs das Paradies der Werktätigen, sondern einen rigiden Überwachungsstaat, in dem auch wieder manche Menschen gleicher sind.

Auch geht in diesem Buch die Geschichte mit ihren Eltern in Dondorf weiter. Hilla nähert sich ihrem Vater an und auch ihre Mutter wird offener und zugänglicher. Sie schreibt erste Gedichte, die auch veröffentlicht werden, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten.

Das Buch ist ein guter Abschluss der Reihe. Hilla ist der Leserin im Laufe der Zeit ans Herz gewachsen, man kennt das alles noch aus eigenem Erleben. Es war nicht einfach sich als Arbeiterkind hochzuarbeiten und nicht einfach den vorgezeichneten Weg mit Heirat, Kindern und einer Halbtagsbetätigung zum Aufbessern der Haushaltskasse zu gehen. Aber Hilla hat das alles trotz der Widerstände geschafft. 

Das Buch ist manchmal langatmig, besonders wenn es um die theoretischen Hintergründe des Kommunismus geht. Da kann man einfach schnell drüberlesen. Aber insgesamt ist es ein Buch, das die Zeithintergründe aus den frühen 1970er Jahren gut aufnimmt und glaubwürdig schildert.

Besonders gut hat mir Hahn Sprachstil gefallen, er ist sensibel und genau. Manche Sätze und auch einige der Gedichte möchte man in ein Buch mit "schönen Sätzen" schreiben!

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, auch wenn man manchmal Geduld braucht.