Rezension

Man hätte mehr aus dem Stoff machen können

Fernsehen gernsehen
von Alexander Emmerich

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ben Kaspari wurde 1974 geboren und lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter in Mannheim. Bei den Großeltern kommt er zum ersten Mal mit dem deutschen Fernsehen in Berührung: Die Sendung "Dalli, Dalli" mit Hans Rosenthal begeistert den kleinen Jungen. 
Als endlich ein eigenes Fernsehgerät im heimischen Haushalt Einzug hält, ist die Freude groß - "Spass am Montag", "Captain Future" und wie die Sendungen alle heissen, eröffnen dem einsamen kleinen Jungen sozusagen eine neue Welt. Ben wird im Laufe der achtziger und neunziger Jahre langsam erwachsen, und das Fernsehen liefert sozusagen die watchlist dazu. "Alf", "Formel 1", die Weihnachtsserien, später gibt es mit dem Kabelfernsehen eine kleine Revolution und neue "Anarcho" - Formate wie "Dall-As", aber auch das deutsche Musikfernsehen mit dem "Fräuleinwunder" Heike Makatsch etabliert sich. Für "Viva TV" sind nicht einmal Englischkenntnisse vonnöten. 
Ben will sein Hobby sozusagen zum Beruf machen, und so bewirbt er sich beim ZDF. Bald jedoch muss er feststellen, dass sein Einsatz & Fleiss nicht unbedingt honoriert werden, sondern dass in der Medienwelt vor allem der Wiedererkennungswert zählt. Auch das Anglistikstudium läuft so ganz anders, als Ben es sich erträumte - Beowulf und Linguistik stehen auf dem Programm. Der junge Mann erlebt beruflich und privat so manche Enttäuschung und findet doch ganz ohne "Vitamin B" seinen Weg, immer flankiert vom deutschen Fernsehen...

Coming of Age at its best - das Buch ist ein toller Entwicklungsroman fernab von Klischees und zugleich eine nostalgische Zeitreise. Ein Stück deutsche Zeitgeschichte wird abgebildet und es wird Gesellschafts - und Medienkritik geübt-.

Der Roman liest sich sehr flüssig und unterhaltsam; es macht Spass, das Buch zu lesen und in die eigene Kindheit und Jugend zurückzukehren, falls man ein Kind der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts ist. Der Autor kann wirklich schreiben. Aus dem Stoff hätte man jedoch noch mehr machen können und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass Emmerich sein Potential nicht voll ausgeschöpft hat, denn die Figuren & Ereignisse hätten ein wenig mehr Kontur vertragen. Stellenweise hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht. 

Trotzdem habe ich den Roman sehr gerne gelesen. Ich vergebe für das Buch 
3,5 von 5 möglichen Sternen.