Rezension

Märchenhafte Geschichte mit Tiefgang

Asa und Gasa 1 - Raphael Müller

Asa und Gasa 1
von Raphael Müller

Bewertet mit 5 Sternen

„...Keiner von uns ist besser oder schlechter als der andere. Wir sind nur anders, weil Gott uns unterschiedliche Aufgaben zu gedacht hat...“

 

Während der Feier zu Omas 60. Geburtstag entschließen sich die Kinder, Verstecken zu spielen. Tim fühlt sich mit 11 Jahren dafür zwar schon zu alt, aber was tut man nicht alles, wenn man sich langweilt. Er wählt als Versteck den alten Schrank auf dem Dachboden. Da hört er Schreie und sieht vor sich die Zwerge Asa und Gasa.

Der Autor hat eine phantasievolle Geschichte geschrieben, die stellenweise auch in die Tiefe geht. Doch dazu werde ich mich später äußern. Das Buch lässt sich gut lesen. Es ist für jede Altersgruppe geeignet. Während die märchenhafte Geschichte um die Zwerge vor allem jüngere Leser ansprechen dürfte, bedürfen die Gespräche zwischen Tim und Daniel der Begleitung durch Erwachsene. Sie regen zu Gedanken über das Zusammenleben an.

Obwohl die Zwerge Zwillinge sind, vertreten sie unterschiedliche Interessen. Asa möchte eine Zauberkeksfabrik aufbauen, Gasa den Zwergenweltmarkt mit den Keksen erobern. Besonderes Highlight ihrer Kekse sind die Orakelsprüche. Tim hilft ihnen, neue zu finden. Dann aber landet Gasa in Algebra. In dem Land spricht man die Sprache der Mathematik. Die liegt Tim gar nicht. Deshalb wendet sich Tim an Daniel. Daniel ist nicht nur körperlich behindert, sondern auch Autist. Er hilft Tim, Orakelsprüche in die Sprache der Mathematik zu übersetzen. Ab jetzt gewinnt das Buch zunehmend an Tiefe. Aus einer märchenhaften Erzählung wird die Geschichte des Zusammenlebens und der gegenseitigen Achtung von Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen. Tim und Daniel werden Freunde.

Die Sprache des Buches ist dem Inhalt angepasst. Das bedeutet, dass die Welt der Zwerge schön bildhaft mit treffenden Metaphern beschrieben wird. Eine besondere Stelle war für mich der Brief von Daniel an Tim. Aus dem stammt auch obiges Zitat, was einen der Kerngedanken enthält. Zu den Höhepunkten gehören die Gespräche der beiden Jungen. Daniel führt Tim in seine Gedankenwelt ein. Die Länder Algebra und Alphabet der Zwerge sind für ihn vorstellbar und existent. Einfühlsam geht Daniel auf Tims Fragen ein, wenn es um gestützte Kommunikation geht. Tim darf es selbst ausprobieren. Daniel und die Zwerge zeigen Tim eine ihm völlig neue Dimension des Glaubens. Die Gedichte von Daniel sprechen von großer Reife des Jungen.

Dem Buch vorangestellt ist ein Vorwort von Raphaels Mutter. Der junge Autor ist selbst behindert und Autist. Daniel verkörpert deshalb viele Dinge aus Raphaels Leben. Deshalb sind diese Stellen des Buches nicht nur ein Phantasieprodukt, sondern zum Teil gelebtes Leben.

Die Illustrationen gefallen mir. Die Zwerge habe ich dabei mit einem Lächeln betrachtet.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die phantasievolle und humorvolle Art wird ein ernstes Thema aufgearbeitet. Jeder Mensch hat seine speziellen Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch Defizite. Es geht um ein gemeinsames Leben, dass jeden von reicher macht, nicht um Ausgrenzung und Abschottung.