Rezension

Lustiger "Heimat"-Roman aus dem beschaulichen Bayern mit viel Gaudi

Paarungszeit - Claudia Brendler

Paarungszeit
von Claudia Brendler

Bewertet mit 5 Sternen

Zum Inhalt:
Susn Engler ist gestresst. Bald wird sie ihren Dauerfreund Timo Flantsch heiraten, angehender Religionslehrer und leidenschaftlicher Zierfischzüchter. Susn will nicht nur ein paar Kilos verlieren, um in ihr Traumkleid zu passen, sie hätte es auch gerne, wenn Timo sich endlich mal mehr um sie als um seine Zierfische kümmern würde. Zum Glück gibt es ja noch die Erotikromane der Erfolgsautorin Delphine de Brulée, in die sich Susn flüchten kann...

Auch Susns Mutter Therese, Pensionswirtin, Trachtenladenbesitzerin und parteilose Politikerin, steht schwer unter Druck. Sie steckt mitten im Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters von Neuenthal, und ihr Konkurrent Fredl Weidinger, Dorfpolizist und Thereses Verehrer, setzt alles daran, ihr das Leben schwer zu machen.

Außerdem steht der Besuch von Matthias Glatthaler an, Susns Vater, den Therese heimlich zur Hochzeit eingeladen hat. Der aus Frankreich angereiste Matt stellt nicht nur Thereses Gefühlswelt auf den Kopf, sondern lockt auch - eher unfreiwillig - eine dreiköpfige, französische Delegation nach Neuenthal: Den Musiker Lucien, den Übersetzer Cedric und niemand Geringeren als Delphine de Brulée höchstpersönlich. Es dauert nicht lange, und in Neuenthal bleibt kein Stein auf dem Anderen!

Meine Meinung:
Um ehrlich zu sein, brauchte ich bei diesem Buch erstmal einen zweiten Anlauf. Ich las die ersten 40 Seiten und legte es wieder weg, da ich irgendwie nicht in die Geschichte reinkam. Nach einem Monat griff ich wieder zu diesem Buch, und plötzlich flutschte es einfach!

Übrigens gibt es zu diesem Roman einen Vorgänger namens "Eiertanz", der auch in Neuenthal spielt, aber sich hier auf die Geschichte von Gina, Susns bester Freundin, konzentriert. Die Bücher sind dementsprechend natürlich unabhängig voneinander lesbar. Das ist das 1. Buch von Claudia Brendler, das ich gelesen habe, und ihr Schreibstil gefällt mir sehr gut. Sie schreibt sehr unterhaltsam und lebendig, aber auch recht niveauvoll und arbeitet viel mit Vergleichen und Metaphern. Die Geschichte ist sehr humorvoll, aber der Humor rutscht hier nie ins Seichte ab.

In diesem Buch wird viel mit Dialekten gearbeitet, allen voran mit dem bayerischen Dialekt, der in Neuenthal gesprochen wird. Auch wenn dies für so manchen Nicht-Bayern sicherlich eine Herausforderung darstellt, trägt der Dialekt doch viel zum Charme und Humor der Geschichte bei. Dazu gesellen sich noch zwei sächsische Pensionsgäste, Üwe und Judda, die selbstverständlich nicht des Hochdeutschen mächtig sind. Und wem das nicht reicht, der darf sich an den Sprachbarrieren im Umgang mit den Franzosen erfreuen. Wem dies alles zu wirr ist, der kann einen Blick ins ausführliche bayerisch-sächsisch-französische Glossar werfen, in dem man lernt, was es mit "aufmascheln", "Dutteln" oder "Kniebieslern" auf sich hat.

Die Figuren sind von Protagonisten bis Nebenfiguren allesamt Unikate. Susn und Therese muss man einfach gern haben, und auch die anderen Bewohner Neuenthals sowie die Pensionsgäste sind putzig, skurril oder einfach nur zum Schießen. Ich habe allerdings manchmal Probleme gehabt, den Überblick zu behalten. Gerade bei den Einwohnern Neuenthals war das der Fall, und dort war mir auch nicht immer so klar, wer jetzt eigentlich auf Thereses Seite ist und wer nicht, aber ich glaube fast, dass die Dorfbewohner öfter mal die Seiten gewechselt haben, wie es ihnen passte. Im Laufe der Geschichte tauchten immer mehr Personen auf und mischten mit. Dadurch wird die Geschichte richtig turbulent und kunterbunt, zuweilen auch etwas unübersichtlich und überzogen, aber dieses Chaos macht auch wiederum den Charme des Buches für mich aus. Das Ende war allerdings fast schon ein bisschen too much für mich, aber was genau davon, das kann ich nicht sagen, ohne zu spoilern. Ich denke aber, dass ich nicht zuviel vorwegnehme, wenn ich sage, dass sich am Ende natürlich vieles in Wohlgefallen auflöst, was ich aber bei so einem Buch auch irgendwie erwarte. Das lässt den Leser immerhin mit einem Lächeln auf den Lippen und guter Laune im Herzen zurück, wenn er das Buch zuklappt. Nach der Lektüre hatte ich richtig Lust, Urlaub in Neuenthal zu machen, am besten in Thereses Pension - wie schade, dass dieses Örtchen nur in Claudia Brendlers Büchern existiert.

Erwähnenswert ist noch das "fesche" Buchcover im Wiesn-Stil mit dem "damenhaften Hirschen", das ein echter Hingucker ist und richtig gut zum Inhalt passt.

Ich kann das Buch allen empfehlen, die locker-fluffige Unterhaltung suchen und eine Vorliebe für den bayerischen Charme haben.