Rezension

Liebe bis zur Selbstaufgabe

Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir) -

Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir)
von Holly Bourne

Bewertet mit 4 Sternen

Amelie ist 16 Jahre als sie mit ihren Eltern aus Sheffield wegzieht. Ihre alten Freunde bleiben zurück und Amelie hat Angst davor, an der neuen Schule eine Außenseiterin zu sein und keine neuen Freunde zu finden. Bereits am ersten Tag, als ihr neuer Klassenlehrer vorschlägt eine singende Vorstellungsrunde zu machen, sieht Amelie ihre Felle davonschwimmen. Sie denkt: herrlich, eine Olympiade der öffentlichen Demütigung. Dabei kann sie wunderbar singen und sich dabei mit der Gitarre begleiten. Wenn da nur nicht immer dieses Lampenfieber wäre. Leider werden nicht nur alle Lehrkräfte und Schüler auf ihr Talent aufmerksam, sondern auch Reese, der selbst in einer Band spielt. Damit beginnt für Amelie eine Achterfahrt der Gefühle, einer Fahrt auf der sie sich fast vollkommen verliert.

Diesen Weg, der mit ganz viel Anerkennung, Aufmerksamkeit, Schmeicheleien und vorgespielter Liebe von Reeses Seite beginnt, wird von Holly Bourne so gefühlvoll wie nachvollziehbar beschrieben. Beim Lesen der Rückblenden erlebt man die Veränderungen in Amelies Wesen und Verhalten mit. Amelies bedingungslose Liebe zu Reese, lässt sie auf einem Pfad von Tränen wandeln. Alle sehen in Reese das was er ist – ein selbstherrliches Arschloch, der immer im Mittelpunkt stehen muss und bewundert werden will. Nur Amelie braucht sehr, sehr lange, um ihm zu durchschauen. Sie lechzt nach seiner Liebe, sucht wenn sie von ihm abgewiesen wird einen Fehler bei sich, versucht ihr Verhalten anzupassen und verliert dabei immer mehr ihre eigene Persönlichkeit. Was sie mit Reese verbunden hat, war keine Liebe, das war etwas Finsteres, toxisches. Wie die Autorin den Leser an Amelies Weg teilnehmen lässt, hat mir gefallen. Anfangs fand ich ihr ständiges Weinen etwas nervig, doch mit jedem neuen Ort an dem sie geweint hat, konnte ich ihre Verzweiflung und ihre Tränen besser verstehen. In meinen Augen hat Joan, Amelies Psychologin, in den Sitzungen die richtigen Fragen gestellt und Denkanstöße gegeben, um Amelie neues Selbstvertrauen zu geben. Von mir gibt’s 4 Lese-Sterne.