Rezension

Können Sie vertrauen?

Trust - David Moody

Trust
von David Moody

Bewertet mit 4.5 Sternen

Das verschlafene südenglische Städtchen Thatcham rückt in den Fokus der gesamten Welt als ein riesiges Raumschiff beinahe lautlos am Himmel erscheint. Tom Winter, der gerade eine abendliche Joggingrunde unternimmt, wird zum Zeuge der Ankunft. Die Welt hält den Atem an, geprägt von zahlreichen Szenarien aus Science-Fiction-Filmen und -Büchern ist man zunächst verängstigt und unsicher: Was wollen sie hier? Warum sind sie hier und woher kommen sie?
Tom ist nicht sicher, wie er zu den Ereignissen stehen soll, noch weiß er damit umzugehen aber eines ist ihm klar, die Welt wie er sie kannte, gehört nun der Vergangenheit an.

"Das Einzige, was er mit absoluter Sicherheit wusste, war, dass nichts mehr wie früher sein würde."

Leseeindruck

David Moody war mir bereits bekannt durch die "Herbst"-Reihe, welche sich einem gänzlich anderen Thema widmet aber mir unglaublich gut gefallen hat. "Trust" ist ein früheres Werk des Autors, das er 2012 selbst noch einmal überarbeitete und feinschliff. Ich bin froh, dass sich der Voodoo Press-Verlag diesem tollen Buch angenommen hat und es so den deutschen Lesern zugänglich machte.

Was genau darf der Leser hier erwarten? Auf den ersten Blick Science-Fiction à la "Independence Day" oder vielleicht auch "Krieg der Welten" aber dieser Blick täuscht, denn in "Trust" nimmt sich der Autor zwar diesem Thema an, baut die Geschichte aber generell anders auf, setzt andere Prioritäten. Ja, es geht um die Ankunft Außerirdischer und auch um die Frage, was diese für die Menschheit bedeutet aber vor allem geht es um eine völlig normale Person, aus deren Blickwinkel der Leser die Veränderung der Welt miterlebt. Es ist Tom Winter, ein gewöhnlicher Mensch wie du und ich, der vorsichtig beobachtet, zweifelt, Fragen stellt und genau das tut, was viele andere nicht zu tun in der Lage sind nach diesem einschneidenden Ereignis: Er versucht, sein Leben so alltäglich wie möglich weiterzuleben. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht ausholen ohne zu viel vom Inhalt vorwegzunehmen. Fakt ist jedoch, dass Moody mit Tom einen Protagonisten geschaffen hat, mit dem der Leser sich identifizieren kann. Man könnte an seiner statt in der Geschichte agieren. Der Leser weiß nicht mehr oder weniger als er, empfindet ähnlich und stellt die eigenen Gedanken und Gefühle in Frage. Das schafft eine tolle Atmosphäre.

Moody nimmt sich sehr viel Zeit, seine Geschichte aufzubauen und die Figuren darin zu platzieren. Es dauert ein wenig bis die Story eine gewisse (Eigen-)Dynamik entwickelt, dennoch kommt zu keiner Zeit Langeweile bei der Lektüre auf. Der Spannungsbogen ist rund, der Schreibstil eingängig und flüssig. Über die zentralen Charaktere erfährt der Leser genau so viel, wie es für die Wirkung der Geschichte nötig ist. Auffällig dabei ist, dass sämtliche Figuren aus dem Leben gegriffen zu sein scheinen. Sie sind einfache Leute mit gängigen Problemen. So gibt es einen liebenswürdigen Kneipenwirt, der sich um seine Umsätze sorgt und dessen Frau ein Alkoholproblem hat; eine Freundin, die ihr kleines Mädchen allein großzieht und ständig Ärger mit dem Vater des Kindes hat und natürlich Tom und seinen Bruder Rob, die beide ihre Eltern auf tragische Weise verloren haben. Die Schicksale werden kurz beleuchtet ohne dabei aber zu sehr in den Vordergrund gerückt zu werden. Es ist eine verschlafene Kleinstadt, in der die Geschichte ihren Anfang findet - nicht New York oder Washington - und es sind gewöhnliche Menschen, die eine Rolle spielen - nicht der Präsident, das Militär oder hochrangige Wissenschaftler. Das ist erfrischend anders und gefällt mir ausnehmend gut.

Besonders und faszinierend bei der Lektüre sind die Gedankenspiele, die der Autor dem Leser beinahe nebenbei an die Hand gibt. Toms Probleme, sich mit der Ankunft der Außerirdischen zu arrangieren, ist nicht die Erkenntnis, dass die Erde nur ein Teil des großen Ganzen ist, unbedeutend und klein, vielmehr resultieren sie aus seinen eigenen Lebenserfahrungen. Diese stehen in totalem Kontrast zur Kultur der fremden Wesen.

"Für Tom fühlte es sich an, als ob äußerliche Größe der menschlichen Rasse verringert, aber gleichzeitig die Lautstärke der kollektiven Stimme zu bisher ungeahntem Niveau aufgedreht worden war."

"Glückliche Zufälle. Ein Mangel an Planung. Chaos. Das Leben ließ sich niemals voraussagen (...)." "Es musste im Leben einfach mehr geben, als nur zu existieren."

So schwingt in "Trust" ein beinahe nachdenklicher Ton mit, der in einem absolut stimmigen und beeindruckendem Ende gipfelt.

Fazit

Moodys Roman ist Science-Fiktion-Literatur mit dem gewissen Extra, einer ganz individuellen Note, stellenweise düster und atmosphärisch.
Für Liebhaber des Genres aber auch für alle anderen, die eine interessante Geschichte mit Tiefgang, Gedankenexperimenten und Reflexion mögen, ist "Trust" ein absoluter Lesetipp.