Rezension

Kälte und Blut

Rauer Himmel -

Rauer Himmel
von Franck Bouysse

Bewertet mit 4 Sternen

Les Doges ist ein Ort in den Cevennen. Dort lebt Gus sein Leben lang auf einem Bauernhof. Allein bewirtschaftet er das Land, begleitet von seinem Hund. Sein nächster Nachbar Abel ist nicht wirklich ein Freund, doch wenigstens der einzige Mensch, mit dem Gus hin und wieder Kontakt pflegt. Die beiden Männer bilden eine Zweckgemeinschaft, wenn es um Arbeiten geht, die zu zweit besser gehen, und trinken manchmal ein Glas Rotwein zu viel miteinander. Mehr nicht. Doch eines Tages, an einem schneereichen eiskalte Wintertag hört Gus Schreie, Schüsse und er findet im Schnee einen Fleck Blut.

„Wie jeden Tag war Gus früh aufgestanden. Bisher hatte er seine Tage wie Perlen auf einer Halskette aufgereiht, eine sah wie die andere aus; doch an diesem Tag im Januar 2006, genauer gesagt am zweiundzwanzigsten, schickte er sich an, eine seltsame Perle aufzureihen, die wirklich nicht wie alle andern aussah.“

„Rauer Himmel“ ist ein dunkler (Kriminal)Roman des französischen Schriftstellers Franck Bouysse, der schon 2014 in Frankreich erschienen ist und nun auch in deutscher Sprache vorliegt. Der Autor schafft in diesem roman noir eine beklemmende Atmosphäre von Kälte und Blut.

Rau und schroff, so wie das Land im französischen Zentralmassiv, ist das Leben des eigenbrötlerischen Gustave Targot. Er wirkt auf eine unangenehme Weise ungepflegt und hinterwäldlerisch. Doch man darf diesen Protagonisten nicht unterschätzen. Hinter seiner Fassade ist ein scharfsinniger Verstand zu finden, seine (Wort)Kargheit ist keinesfalls mit Dummheit gleichzusetzen. Nach und nach entblößt sich Gus‘ Vergangenheit. Ungeliebt als Kind war er schon sehr früh mit Gewalt, Missachtung und Spott konfrontiert. Er ist es gewohnt auf sich allein gestellt zu seine. Die sehr ambivalente Beziehung zu seinem Nachbarn Abel ist geprägt von Argwohn und Kommunikationslosigkeit.

„Eigentlich hätte es ein ganz gewöhnlicher Tag werden sollen, der wie jeder andere Tag begann und auch so hätte weitergehen sollen. So war es aber nicht.“

Es war nicht nur der Schuss und das Blut, immer mehr eigenartige Dinge geschehen rund um den Hof. Und in Gus‘ Kopf tauchen Erinnerungen an früher auf, die er selbst noch nicht ganz einordnen kann.

Der Roman lockt mit einer archaischen Geschichte, doch werden längst nicht alle Geheimnisse preisgegeben. In dieser engen Tragödie bleibt Platz für Spekulation und Fragen. Gäbe es eine Liste mit bemerkenswerten Büchern, die ich besser wenige Seiten vor Schluss geschlossen hätte, dieses Buch stünde darauf.