Rezension

Immer dasselbe - Millionen machen und Millionen verzocken

Das Geld der Medici - Tim Parks

Das Geld der Medici
von Tim Parks

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Medici umgibt bis heute der Mythos einer Dynastie unermesslich reicher und kunstsinniger Herrscher, die das moderne Bankwesen erfanden und ihre Heimatstadt Florenz mit den schönsten Werken der Renaissance schmückten. Tatsächlich brauchte man im Florenz des 15. Jahrhunderts mehr als finanzielles Geschick, um sich an der Macht zu halten: Geld gegen Zins zu verleihen, galt der Kirche als Wucher. Die Macht der Medici stand auf schwankendem Boden, wie Tim Parks zeigt. Die Bank, 1397 gegründet, brach bereits 1494 zusammen. Knapp 100 Jahre, die unser Verständnis der Beziehung zwischen Hochkultur und Kreditwesen sowie von der Verquickung von Religion und Politik entscheidend prägen sollten. (Verlagsseite) 

Erzählendes Sachbuch – das trifft das Genre ziemlich genau. Denn Parks erzählt Einzelheiten aus der Zeit und der Familie der Medici, die sich historisch belegen lassen. Aber er erzählt, er referiert nicht. Nur so kann trockener Stoff zum Vergnügen werden. 

War die Welt jemals anders als heute? Das fragt man sich beim Lesen. (Man fragt es sich auch bei Büchern über Louis XIV., die alten Griechen, die Römer, die Ägypter, …) Die Macht, das Geld, die Handelsbeziehungen, die Künste, Krieg und Frieden, alles in den Händen einiger weniger. Einzelne Familien, Geschlechter und ihre Freunde bestimmten den Kurs des Staates, die Zukunft des „Fußvolks“, Gesundheit, Auskommen und Alltag des „Pöbel“.
Andererseits: Wer hätte die Bauwerke bezahlen können, die heute die Touristen anziehen? Wer die Maler fördern, die wir im Museum betrachten? Den Hintergrund dafür schaffen, dass Menschen der Gegenwart in der ganzen Welt zuhause sind? 
Parks gelingt es, Verdienste und Errungenschaften, Hinterhältigkeit und Opportunismus der Medici darzustellen, wie sie ihren Reichtum und Einfluss aufbauten und wieder verloren. Und welches Medici-Oberhaupt welche Ereignisse ins Rollen brachte.
Nicht nur dem unkundigen Leser hilft der Stammbaum in Anhang. 

Das Buch liest sich natürlich nicht wie ein Roman. An einigen Stellen wünscht man sich eine Vertiefung und sucht nach weiteren Informationen. Auch das vielfältige Personal des Buches, nicht jeder davon mit dem Nachnamen Medici, fordert Konzentration. Man freut sich, wenn der typische, etwas flapsige Stil des Autors aufblitzt.

Leider muss man Parks den Wert eines wissenschaftlichen Werkes absprechen, da er nicht mit Fußnoten oder anderen Verifizierungen seiner Studien arbeitet. An mehreren Stellen beharrt Parks auf einer Theorie, die von einigen Historikern abgelehnt wird, aber er führt keinen Diskurs, sondern widerspricht lediglich der anderen Meinung. 

Wer sich auf unterhaltsame Weise mit den Themen Florenz, Früh-Renaissance und Italien im 14. /15. Jahrhundert auseinandersetzen möchte, ist mit diesem Buch gut beraten.