Rezension

Horizonterweiternde Lektüre die ans Herz geht

Zwischen uns tausend Bilder -

Zwischen uns tausend Bilder
von Neda Alaei

Inhalt:
 

Seit ihre Mutter verstorben ist, hat sich in Sannas Leben einiges geändert. Ihr Vater blickt nur noch durch sie hindurch. Niemand unterstützt sie bei den Herausforderungen der Alltagsbewältigung. Kochen, Wäsche waschen, Aufräumen, all das bleibt an ihr hängen. Einzig das Schreiben scheint Sannas Vater noch etwas zu bedeuten. Das und die Musik, die er damals mit der Mutter gemeinsam gehört hat.

Durch einen Zufall findet Sanna im Kleiderschrank ihrer Mutter ein Geschenk, dass diese kurz vor ihrem Tod für ihre Tochter gekauft hatte. Es handelt sich um eine Kamera mit Objektiv, daneben ein Zettel mit Glückwünschen darauf. Ein sehr persönliches Geschenk, denn Sannas Mutter wollte damit ihre eigene Leidenschaft für das Fotografieren direkt an die Tochter weitergeben. Schon damals war ihr Rat an Sanna: Du darfst nie vergessen, die Schönheit der Welt zu sehen.

Sanna macht sich die Worte ihrer Mutter zu eigen. Doch hat sie keinerlei Ahnung, was und wie sie fotografieren soll. Hilfe findet sie ausgerechnet bei dem neuen Jungen in der Schule. Yousef sieht nicht nur unglaublich gut aus, er findet auch sofort Anschluss und er hat ein unschlagbares Instagramprofil. Seine Bilder erzählen Geschichten und er möchte Sanna unbedingt helfen.

 

Meinung:
 

Neda Alaei schreibt mit „Zwischen uns tausend Bilder“ eine unglaublich intensive und zugleich berührende Geschichte über ein junges Mädchen, das früh gelernt hat, für sich und ihren Vater zu sorgen. Dessen Stimmung kann innerhalb einer Sekunde umschlagen und kein Fixpunkt in ihrem Leben sein.

Tag für Tag muss Sanna funktionieren und den Laden am Laufen halten. Doch all das macht sie gerne. Sie tut alles, um ihrem Vater zu helfen, dem großen Schwarzen Loch zu entkommen.

In der Schule läuft es mehr schlecht als recht. Die beste Freundin Mie hat sich abgewandt und hängt nun mit der coolen Mitra rum. Mitra ist der beliebte lokale Social-Media-Star. So nimmt es kein Wunder, dass ihr Bild auch ziemlich schnell im Instragramprofil von Yousef, dem neuen Jungen in der Klasse, auftaucht. Immer wieder checkt Sanna vergebens ihre Socialmediakanäle. Sie bleibt unerkannt.

Ziemlich schnell erkennt der Leser die Anziehungskraft, die Yousef auf Sanna ausübt. Nicht nur, dass ihn vom ersten Tag an alle mögen, er kleidet sich ziemlich cool und er macht einzigartige Fotos. Als Sanna das Päckchen im Kleiderschrank entdeckt, findet sie einen Zugang zu ihrer verstorbenen Mutter. Die Fotografie war ihre Leidenschaft und auch Sanna möchte sich so gerne in diesem Hobby verlieren.

Yousef spricht Sanna an, er könne ihr helfen. Er fragt nicht wie viele andere in der Klasse, was Sanna beschäftigt, was sie bewegt. Er nimmt das Mädchen an, wie sie ist, schätzt sie um ihrer selbst willen und ob des gemeinsamen Hobbys.

Doch auch andere Menschen in Sannas Leben meinen es gut mit dem Mädchen. Beispielsweise die Lehrerin Trine mit den Grübchen und dem schönen Lächeln.

Und dann gibt es da noch den Kater Sven von nebenan. Sanna hätte so gerne eine Katze, doch bei ihrem Vater stößt sie mit diesem Wunsch auf taube Ohren. Anhand des Zusammenspiels von Sven und Sanna merkt man einmal mehr, dass Sanna sich nach jemandem sehnt, mit dem sie reden kann, der für sie da ist. Jemand, der keinerlei Probleme mit sich bringt und ihr Zuneigung schenkt.

Auch mit Yousef findet Sanna das Leben im Hier und Jetzt. Eines Tages bringt Yousef eine Einwegkamera mit. Ein Spiel beginnt. Immer abwechselnd darf jemand ein Stück seines Alltags darauf festhalten. Jedes Bild ist auf seine Art besonders. Yousef bringt Sanna bei, Bilder für sich sprechen zu lassen.

 

Fazit:
 

„Zwischen uns tausend Bilder“ ist eine poetische Verdichtung der Wirklichkeit.

Die Autorin zeigt mit viel Einfühlung auf, welch großen Schock der Tod der Mutter bei Sanna und ihrem Vater auslöst. Ersterer hat das Schicksal die Kindheit gestohlen und die Jugend geraubt.

Sanna muss Verantwortung übernehmen: Für sich und ihren Vater, der immer mehr die Kontrolle über sein Leben verliert.

Neda Alaei lässt Worte fließen und hinterlässt damit beim Leser unglaublich intensive Bilder. Sie zeigt, dass das Leben selbst in schwierigen Stunden lebenswert sein kann. Achtsamkeit kann helfen, den Blick auf die Welt zu ändern. Das Buch bringt Fotografie und Achtsamkeit in Verbindung. Beide animieren einen dazu, neugierig zu sein und eine andere Sichtweise einzunehmen.

Gerade die Vielfalt der Perspektiven macht dieses Buch zu einer horizonterweiternden Lektüre und gibt Lesern neben vielen Antworten vor allem das Rüstzeug mit auf den Weg, sich schwierigen Lebenslagen zu stellen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung.