Rezension

Homevideo

Homevideo - Karin Kaçi, Jan Braren

Homevideo
von Karin Kaçi Jan Braren

Inhalt:
Jacob führt ein Tagebuch mit der Videokamera, die er zur Geburt seiner kleinen Schwester von seinen Eltern bekommen hat. Der Junge ist nicht glücklich, die Schulkameraden sind ihm fern, Vater und Mutter streiten sich jeden Tag. Die Kraft, die jeder Tag von ihm einfordert, kann er nur schwer aufbringen. Und dann gibt es da Hannah. Das Mädchen, das sich für ihn zu interessieren scheint. Die erste Liebe, ein Sonnenstrahl in dieser finsteren Welt. Jakob ist verliebt und verkündet es seinem Videotagebuch sehr direkt.
Nie hätte er geahnt, dass dieser kleine Moment in der Lage sein könnte, sein Leben vollends zu zerstören.

Wichtigste Charaktere:
Jakob ist ein sensibler Junge in einer harten Welt. Die Streitereien der Eltern und die „knallharte“ Clique zehren an seinen Kräften.
Hannah ist ein toughes Mädchen. Sie entwickelt Gefühle für den Außenseiter Jacob.
Eric und Jacob sind befreundet. Eric ist in einem guten Elternhaus aufgewachsen und hat seinen Weg im Leben gefunden. Er ist cool und im richtigen Moment ein Mitläufer.
Henry hat keine Ängste. Das Leben und das Schicksal amüsieren ihn. Er kennt keine Grenzen und lässt sich auch keine Regeln aufzeigen.
Claas ist Jakobs Vater. Er ist, genauso wie der Junge, mit seinem Leben überfordert. Als Polizist hat er Macht über andere; im Privatleben scheitert er an der Rolle des Vaters, am Kochen eines Mittagessens sowie in der Rolle des Ehemanns.

Schreibstil:
Karin Kaci und Jan Braren verstehen ihr Handwerk. Mit wenigen Worten binden sie den Leser, leuchten den Raum aus, in dem die Protagonisten sich bewegen, entwickeln Charaktere, die fesseln.
Im ersten Kapitel erfährt man schon sehr viel über Jakob und seinen Vater. Man merkt, dass der Junge von einer tiefen Traurigkeit erfasst ist. Die ersten Bilder auf der Kamera zeigen Fotos der Familie. Im weiteren Verlauf verschwinden diese Szenen und zeigen stattdessen Skatervideos mit Freunden und eine trostlose Welt.
Schnell erfährt man als Leser, dass die zerstrittene Ehe der Eltern Jakob stark zu schaffen macht. Der Junge hat in der Schule schon genug mit eigenen Problemen zu kämpfen. Hier hat man eine harte Schale und zeigt seinen weichen Kern nicht. Jakob steckt mitten in der Pupertät. Er hat weder Zeit noch Kraft dafür, sich mit den Problemen seiner Eltern auseinanderzusetzen, doch fliehen kann er vor ihnen nicht.
Als Leser dieses Romans erlebt man hautnah die Probleme eines Jugendlichen. Die Autoren werfen Jakob ins kalte Wasser des Erwachsenwerdens. Sie zeigen, wie zerbrechlich das Leben sein kann. Wie ein klitzekleiner Moment alles zerstören kann. In diesem Roman erfährt man mit Jakob die erste Liebe. Für einen Moment schafft dieses starke Gefühl alle düsteren Momente zu übertönen. Jakob bekommt endlich ein wenig Glück und Freude in seinem Leben. Doch kaum hat er sie erlangt, macht ihm das Schicksal wieder einen Strich durch die Rechnung.

Fazit:
Wer mit „Homevideo“ einen locker leichten Roman erwartet, liegt hier falsch. Dieser Roman zeigt auf knapp 200 Seiten schonungslos die Zerbrechlichkeit des Lebens auf. In der Rolle eines Jugendlichen erfährt der Leser aus erster Hand dessen Probleme.
Dieser Roman sensibilisiert, er schockiert und regt stark zum Nachdenken an.

Buchzitate:
Sein Vater verwechselte manchmal etwas. Er schwieg, wenn er glücklich war, und er schrie, wenn er traurig war.

Alle zogen an ihm vorbei, während er den Schlaf nachholte, den seine Eltern ihm raubten. Er war einfach zu müde, um sich abzustrampeln und trotzdem nicht von der Stelle zu kommen.

Sie drückte ihn an sich. Sie schluchzte leise. Sie küsste seine Schläfe. Sie tat alles, was eine Mutter auf den Absprung tun konnte.

Die Worte kamen ihr nur mühsam über die Lippen, aber jetzt saß jedes an seinem Platz, dort, wo es schon so oft Probe gesessen hatte.